Stadt Memmingen:Die letzten Tage von Diktatur und Krieg in Memmingen 1945 (2020)

Die letzten Tage von Diktatur und Krieg in Memmingen 1945

Seit der sog. "Gleichschaltung" der Städte und Gemeinden im März 1933 sind 12 Jahre vergangen, in denen demokratische Parteien verboten, eine freie Presse ausgeschaltet, andersdenkende Menschen ausgegrenzt, Juden diffamiert und ermordet wurden. Die Wiederbewaffnung des Deutschen Reiches wird sichtbar in der Inbetriebnahme eines Fliegerhorstes östlich Memmingens (1937), der Beginn des Zweiten Weltkrieges in der Errichtung eines Kriegsgefangenenlagers im Westen der Stadt (1940). Wenig weicht der anfängliche Optimismus in der Bevölkerung, als der Feldzug gegen die Sowjetunion ins Stocken gerät und die USA dem Deutschen Reich den Krieg erklären. Ausländische Arbeitskräfte prägen das Bild in Industrie und Landwirtschaft. Die Angst vor Luftangriffen nimmt zu, die anfängliche Begeisterung und Zustimmung zum Nationalsozialismus zusehends ab, als die Kriegswirtschaft die Versorgung der Bevölkerung einschränkt und die zahlreicher werdenden Fliegeralarme und -angriffe den Alltag der Frauen, Männer und Kinder.

Im Gedenken an "75 Jahre Kriegsende" dokumentierte das Stadtarchiv Memmingen vom 5. April bis 8. Mai 2020 die letzten Tage von Krieg und Diktatur in Memmingen. Die Informationen zu den Ereignissen dieser Tage stammen von Heribert Guschewski (HG) und Christoph Engelhard (CE). Sie wurden jeweils um einige Zeitzeugenerinnerungen und historische Fotografien ergänzt. Hinweise auf grundlegende Darstellungen zur Geschichte Memmingens im Jahr 1945 finden Sie hier. Anregungen, Kommentare und Ergänzungen sind willkommen! Kontakt: Heribert Guschewski (heribert.guschewski(at)yahoo.de) und Christoph Engelhard (christoph.engelhard(at)memmingen.de).

Fünf Tage nach Ostern schreiben Memminger Einwohner an Bürgermeister Dr. Heinrich Berndl und fordern eine bedingungslose Übergabe der Stadt, um eine „sinnlose Zerstörung“ zu verhindern und „Volksvermögen“ zu erhalten. In den darauffolgenden Tagen wird sich Memmingens Bürgermeister Dr. Berndl bei der Memminger Dienststellen der Wehrmacht mehrfach für eine Beseitigung der Panzersperren auf den Straßen und eines Munitionsdepots in der „Burg“ am Ulmer Tor einsetzen. (CE)

Aufruf: „Es geht das Gerücht, daß vor kurzem ein Beschluß gefaßt wurde, daß unsere Stadt im Falle eines feindlichen Anmarsches verteidigt werden soll. Es ist nebensächlich, wie dieser Beschluß zustande kam, aber sehr wichtig ist es für Sie zu wissen, wie die Einwohnerschaft über diesen Beschluß denkt. Niemand, aber auch gar niemand, wird eine solche wahnwitzige Verteidigung etwas nützen: dagegen wird sie unsere Stadt in weniger als einer Stunde in einen Trümmerhaufen verwandeln, unschätzbare Werte zerstören und namenloses Elend über die Einwohnerschaft bringen. Nur ein Narr kann annehmen, daß wir in der Lage sind, den feindlichen Vormarsch auch nur für Stunden aufzuhalten, geschweige denn, den Gang der Kriegsereignisse zu beeinflussen. Was diese Hals über Kopf ausgeworfenen Hindernisse für einen praktischen Wert haben, ist nun doch schon zur Genüge erwiesen. Herr Bürgermeister! Wir beschwören Sie, alles zu tun, um dieses unsagbare Unglück von unserer Stadt abzuwenden. Sie sind das verantwortliche Oberhaupt derselben, nicht der Kreisleiter und nicht der Kampfkommandant und von Ihnen wir seinerzeit Rechenschaft über Ihr Handeln verlangt werden. Die Entscheidung, ob Verteidigung (= sinnlose Zerstörung) oder bedingungslose Übergabe (= Erhaltung des Volksvermögens) dürfte Ihnen nicht schwer fallen. Wenn Sie nicht handeln, sind wir gezwungen, es zu tun. Vivat Memmingia! Mehrere Einwohner.“

Aus dem Tagebuch des Gymnasiallehrers Hans Weis zum 5. April 1945: „Im Radio: „Wer ´ehrlos´ von Kapitulation und Frieden spricht, wird aufgehängt, er soll ´in Schande´ sterben.“ Also wer so ´ehrlos´ ist, daß er diesem sinn- und zwecklosen Morden und Zerstören ein Ende wünscht, der soll sterben. Aber der ehrlose Lump Hitler, der ein Feigling ist um seinem Volk den Frieden zu geben, weil es seinen Kopf kostet, dieser Wicht will von Ehre reden.“

Wenige Wochen nach den Reichstagswahlen im September 1930, bei der die NSDAP in Memmingen nahezu gleich viele Stimmen wie Bayerische Volkspartei und Sozialdemokratische Partei erhielt, gründete die Memminger Ortsgruppe ein eigenes Parteiorgan, den „Allgäuer Beobachter“. Die Zeitung wurde zum nationalsozialistischen Propaganda-Instrument und verdrängte zum Jahresende 1935 die beiden Memminger Lokalzeitungen „Memminger Zeitung“ und „Memminger Volksblatt“. Die NS-Kreisleiter Fritz Reiger und Wilhelm Schwarz versuchten als Herausgeberin der Zeitung die öffentliche Stimmung zu lenken - nicht erst ab dem Kriegsbeginn 1939. Dies scheiterte ab Dezember 1941 zwar zusehends, wie die Berichte der Memminger Schutzpolizei belegen. Es hinderte die Redakteure des „Allgäuer Beobachters“ jedoch nicht daran, noch in den letzten Kriegstagen im April 1945 menschenverachtende Durchhaltepropaganda zu verbreiten. (CE)

Auszug aus dem Allgäuer Beoachter vom 6. April 1945 (Rubrik: „Aus der Heimat“): „Hart ist im Krieg das Leben für jeden einzelnen, groß sind die Anforderungen, die an die seelische Spannkraft jeder Frau, jedes Mannes gestellt werden müssen. Und im Leben eines jeden gibt es wohl manchmal Augenblicke, in denen er glaubt, daß die Last zu groß ist, die auf seine Schultern gelegt wurde. Wenn er dann mit trüben Augen in die Welt blickt, scheinen die Sorgen und Kümmernisse zu dunklen Wolken zu werden, die die Sonne verdunkeln, und vergebens sucht er den Sinn seines Lebens zu erfassen. Der Sinn unsres Lebens – liegt er nicht darin, daß wir eine Aufgabe zu erfüllen haben? Eine Aufgabe, die in unserem Beruf, in unserer Familie und dadurch in unserem Volk ruht? Gewiß, der Alltag bringt es mit sich, daß wir diese Aufgabe nicht immer sehen, daß wir vielleicht nur die Last empfinden, die sie einmal mit sich bringen kann. Schwer und hart kann unser Leben sein. Und doch wollen wir „ja“ sagen zu unserem Leben. Denn dann, wenn es am allerschwersten ist, wächst in uns auch die Kraft, es zu tragen. Nie wird uns mehr an Sorgen und Kümmernissen auferlegt, als wir zu tragen imstande sind. Nur wer den festen Glauben an die Erfüllung seines Lebens in sich trägt, wird auch in harten Tagen die Kraft haben, dieses Leben zu bejahen: An eine Erkenntnis wollen wir immer denken: Jeder ist so viel wert, wie er Glauben in sich trägt. Groß und fest soll deshalb dieser Glaube sein, auch dann und erst recht dann, wenn unser Leben hart und schwer geworden ist.“

Aus dem Tagebuch des Gymnasiallehrers Hans Weis vom 6. April 1945: „Wir hungern. […] In der Stadt keine Seife, keine Zündhölzer, kein Salz. […] Zuhause haben wir keinen Butter mehr und fast kein Brot. Dafür einen „Volkssturmdienstbefehl“ für Sonntagmorgen.“

Wegen der fortdauernden Gefahr durch Fliegerangriffe wird im Gau Schwaben das Signal „akute Luftgefahr“ eingeführt. Es besteht – so verkündet der Allgäuer Beobachter in seiner Ausgabe vom 7. April 1945 – aus zwei Heultonschwingungen von acht Sekunden. Diesem Signal geht das Signal für Fliegeralarm mit 15 Heultonschwingungen voraus, das die Bevölkerung im Warngebiet zum „luftschutzmäßigen Verhalten“, also zum Aufsuchen von Luftschutzräumen auffordert. (HG)

Auszug aus dem Allgäuer Beobachter vom 7. April 1945: „Pferdegespanne bei Luftgefahr. Wer mit einem Pferdegespann auf der Straße vom Fliegerangriff überrascht wird, hat sofort in eine Seitenstraße einzubiegen, sofern er eine Notunterkunft für Tiere nicht mehr erreichen kann. Das Fuhrwerk muß am rechten Rand der Fahrbahn – bei Einbahnstraßen auch am linken – abgestellt werden. Die Pferde sind abzuspannen und nach Möglichkeit in Höfen an Bäumen und dergleichen anzubinden, keinesfalls aber an irgendwelchen Wasserentnahmstellen, wie Brunnen, Hydranten usw. Notfalls sind die Pferde mit dem Kopf nach dem Wagen, der selbstverständlich gut angebremst sein muß, zu stellen und kurz an diesem anzubinden. Nach Möglichkeit sind Decken überzulegen. Der Fahrer hat auf alle Fälle dafür zu sorgen, daß die Pferde auf der Straße niemanden gefährden, kein Hindernis für Löschfahrzeuge bilden oder sonstwie die Durchführung von Luftschutzmaßnahmen stören können. Keinesfalls dürfen die Tiere mit nicht abgesträngtem Geschirr einfach auf der Straße stehengelassen werden.“

Aus dem Tagebuch des Gymnasiallehrers Hans Weis vom 7. April 1945: „Ein Bub in der 4. Klasse: ´O mei! A Panzerfaust! Dia brauch ma nimma. Es gaut ja so schnell.´ Dieses Kind ist gescheiter als Hitler und alle seine Nazigenerale. Der Bub weiß, daß der Krieg verloren und dass ein weiterer Widerstand nutzlos und ein Verbrechen ist.“

Um den vorrückenden alliierten Kampfverbänden den Zutritt ins Stadtgebiet zu erschweren, werden überall im Stadtgebiet von Kommandos des Volkssturmes Panzersperren und Schutzgräben errichtet. (CE)

Bürgermeister Dr. Heinrich Berndl: "Der Volkssturm hat seit Samstagnachmittag und insbesondere Sonntag im Stadtbereich an den verschiedensten Stellen Panzersperren vorgesehen. So wird beim Schweizerberg, an der äußeren Ulmerstraße, Lindauerstraße, sodann beim Lindenbad, Augsburgerstraße und Kemptertor mittels Gräben und starken Balken eine Panzersperre vorgesehen. 40 fm 30-45 cm starkes Holz wird zur Abwehr verwendet. Weitere 75 fm sind für den Stadtbereich noch notwendig, konnten aber bisher nicht mehr beschafft werden. Die Volkssturmleute, die diese Grabarbeiten vollführten, hatten von den Kirchgängern am Sonntag viele Spottworte zu hören. Daneben aber stieg der Unmut der Bevölkerung, daß die Stadt verteidigt werden sollte, in besonders hohem Maße."

Aus dem Tagebuch des Gymnasiallehrers Hans Weis zum 8. April 1945: „Der berühmte Appell im Unionkino findet nach guter Naziart natürlich nicht statt. Die Hauptsache: Man wurde Sonntags früh herausgejagt, hatte die Unruhe-Störung. An der ´steinernen Bruck´ werden fieberhaft durch je 8 Mann tiefe quadratische Löcher ausgegraben. Zum Sprengen hergerichtet. Einer sagt: ´Wenn se durch da Atlantikwall, Maginot und Siegfriedlinie komme sind, dann kommet se au über da Stadtbach.´ Dieser einfache Mann ist gescheiter als Hitler und seine sämtlichen Nazigenerale. Er weiß, daß der Krieg verloren und weiterer Widerstand sinnlos ist. Eine Abteilung Schanzer zieht vorbei mit einer Schaufel und einem braunen Nazikommissar. Auf dem ´Appellplatz Pfalzer´ stehen die jammervollen Vaterlandsverteidiger des 4. Aufgebots: Lahme, ohne Arm, ohne Hände, und lassen sich von Nertinger sagen, daß ´in Folge der überstürzenden Ereignisse ein Befehl den andern jage und aufhebt.´ Wachdienst wird eingeteilt.“

Bereits am 18. März 1944 und am 18. Juli 1944 war der Fliegerhorst Ziel großer Fliegerangriffe geworden – ohne Schäden in der Stadt. Das sollte sich am 20. Juli 1944 und am 9. April 1945 ändern: Bei letzterem Angriff wurden viele Häuser in der Antonierstraße und an anderen Stellen im Memminger Osten beschädigt; Menschen kamen am 9. April, anders als noch ein dreiviertel Jahr zuvor, nicht ums Leben. (HG)

Anny Schmid: „Die Sirenen heulten immer wieder. Kaum wurde Entwarnung gegeben, folgte bald darauf wieder ein Alarm. Erregt und unsicher war besonders die Landbevölkerung, die hier ihre nötigen Einkäufe tätigen mußte und noch nie in einem Schutzraum war. „Bei euch in der Stadt kann man sich ja nicht mehr aufhalten, kein Mensch will mehr herein, wenn er nicht unbedingt muß“, war die allgemeine Klage der auf dem Lande lebenden Bewohner. Sie hatten recht, denn um 17.00 Uhr heulten wieder die Sirenen, zum fünftenmal an diesem Tage. Kaum waren wir im Keller, wurden wir von einem größeren feindlichen Verband überflogen und gleich darauf ging ein Bombenregen über die Stadt und den Fliegerhorst nieder. Es „prasselte“ nur so! Man konnte genau feststellen, daß der Fliegerhorst das Ziel war und bei der nächsten Welle, daß etwas näher im Ostgebiet der Stadt die Bomben niedergegangen sein müssen. Kleinlaut und sorgenvoll saßen wir im Keller.“

Bürgermeister Dr. Heinrich Berndl: "Beim 201. Fliegeralarm am Montag, den 9. April wurde bei prachtvollem Wetter um 17 Uhr der Fliegerhorst angegriffen. Hiebei wurde vor allem das Rollfeld samt Startbahn schwer beschädigt. Der Fliegerhorst hat bisher hiewegen 1 Toten, 2 Schwerverwundete und mehrere Leichtverwundete zu beklagen. Neben dem Fliegerhorst Memmingen wurden die Horste von Landsberg, Lager Lechfeld, Leipheim, Fürstenfeldbruck und offenbar auch bei München schwer getroffen. Der Feind will offensichtlich die Luftwaffe voll niederkämpfen, um durch Zerstörung dieser Abwehr den Krieg baldigst zu beenden."

Unmittelbar nach dem Luftangriff begannen die Mitglieder des Luftschutzes nach Blindgängern bzw. Brandbomben zu suchen, um weiteres Unheil zu verhindern. (CE)

Luftschutzbeauftrage Anny Schmid: „Morgens um 8 Uhr stellte ich mit meinen LS-Kameradinnen die „weiblichen Arbeitstrupps“ zusammen, die sich freiwillig eingefunden hatten, um Hab und Gut der Ausgebombten zu bergen. Wegen der auffallend großen Zahl von Brandbomben-Blindgängern halfen wir, Frau Stetter, Frau Zimmermann und ich, beim Einsammeln dieser Blindgänger. Unsere nicht ganz ungefährliche Arbeit wurde zweimal vom Fliegeralarm gestört. Es war ein beängstigendes Gefühl, wenn uns mit Stabbrandbomben-Blindgängern in den Händen Fliegeralarm überraschte und wir in dieser zerstörten Gegend keine geeignete Zufluchtstätte fanden. Für die „Weiblichen Arbeitstrupps“ und auch für uns Dreien ging die Gefahr ohne Schaden vorbei.“

Aus dem Tagebuch des Gymnasiallehrers Hans Weis zum 10. April 1945: „Am Bahnhof immer interessant: Die Beeteinfassung ist jetzt der „Wartesaal“. Wer da alles sitzt! Soldaten, Arbeitsmaiden, Ausgebombte, Ukrainerinnen, Franzosen, Rote Kreuzmatrazen, Russen, Verwundete, HJ, Offiziere, Sanitäter. […] Ein internationaler Weltverkehrsplatz. Amerikaner und Engländer mit souveräner Siegerhaltung, rauchend, schlendernd […]. Abend wieder wie üblich vertrödelt, seit alles keinen Wert mehr hat.“

Wie bei den Krankenhäusern sollen nun auch auf den Dächern der Schulen, die für Lazarettzwecke benützt werden, "Rot-Kreuz-Zeichen" angebracht werden, um sie vor Fliegerangriffen zu schützen. (CE)

Bürgermeister Dr. Heinrich Berndl: "Die Ärzte des neuen Lazaretts sind großenteils untergebracht. Oberfeldarzt Dr. Olbrich wurde in der Villa Bolkart bei der katholischen Kirche und Oberstabsarzt Univ.-Prof. Dr. Reischauer im II: Stock der Villa Flach eingemietet. Mit den Quartiergebern kam ein nur angenehmes Verhältnis zustande. Auch die übrigen Ärzte wurden großenteils untergebracht. Sie streben indessen an, auch ihre Familien hieher kommen lassen zu können. Das läßt sich infolge der Raumnot indessen nicht ermöglichen. In den breiten Gängen der Lazarette werden die überaus zahlreichen Verwundeten untergebracht. Ständig kommen neue Verwundete. Ich habe mit Nachdruck darauf gedrängt, daß das Rot-Kreuz-Zeichen an den Schulen angebracht wird, wodurch uns ein besserer Luftschutz wohl gewährleistet erscheint. Heute, Mittwoch 11. April, kommt die Nachricht, daß das Hotel Adler zu Lazarettzwecken beschlagnahmt ist. Das Gleiche steht für den Schwarzen Ochsen bevor. Oberfeldarzt Dr. Sonntag hat zwar zugesagt, daß für den Ufa-Filmstab zur etwaigen Fertigstellung des Farbfilmes über die Puppenspiele das Hotel Adler noch auf 2-3 Wochen überlassen blieb. Im Saal des Hotel Adler sind schon seit 10 Tagen Lazarettgegenstände aufgestapelt." 

Die Überlegenheit der allierten Luftverbände ist total. In Memmingen wird in diesen Tagen täglich zwischen sechs und acht Mal Luftalarm ausgelöst, eine Nervenbelastung für die Bevölkerung ohnegleichen. Ein geregeltes Leben, zum Beispiel Schulunterricht, ist in der Stadt kaum noch möglich. Die überfüllten Lazarette sprechen eine deutliche Sprache. Der Zusammenbruch der Front sowie das Ende der Herrschaft der Nationalsozialisten ist trotz aller Durchhalte-Parolen nur noch eine Frage von Tagen. (HG)

Kurt Maßmann, Schriftsteller der Nationalsozialistischen Parteikorrespondenz NSK, im Allgäuer Beobachter vom 12. April 1945 „Wochenspruch der NSDAP: „Man soll nicht bloß handeln, sondern es auch mit der Zuversicht tun, als hänge der Erfolg lediglich von einem selbst ab“ (Wilhelm von Humboldt). Die eherne Parole: Darauf kommt es allein und vor allem an in der Stunde der Not, daß man sich wehrt, daß man zurückschlägt und auf den Füßen bleibt, kurz, daß man handelt! Wer handelt, gibt sich nicht selbst auf. Wer sich nicht selbst aufgibt, der ist in keiner Gefahr verloren, so überaus groß ihre Bedrohung für den schweren Augenblick auch scheinen mag, der nächste Augenblick wird schon wieder leichter sein. Handeln! Das gilt dem einzelnen und das gilt dem Volke, das im Kampfe auf Leben und Tod gleicherweise tapfer die Höhen und die Täler des Krieges durchschreiten muß und dem es, durch je gefährlichere Tiefen der Weg geht, bestimmt ist, mit um so größerer Standhaftigkeit den Weg zu Ende zu gehen, der Opfer nicht achtend und die Toten nicht zählend. Einen anderen Weg in die Freiheit und das zukünftige Leben des Volkes gibt es nicht.“

Der „Völkische Beobachter“ meldet, dass es der Wehrmacht in den letzten Tagen gelungen sei, die Angriffe der „Bolschewisten“ vor Wien und Breslau abzuwehren. Wegen der „feigen Übergabe an den Feind“ wurde der Festungskommandant von Königsberg „durch das Kriegsgericht zum Tod durch den Strang verurteilt. Seine Sippe wird haftbar gemacht.“ Durch die Stadt Memmingen geht die Nachricht, dass am Vortag Biberach schwer bombardiert wurde. Tatsächlich war am 12. April ein Luftangriff durch amerikanische Bomber mit 55 Toten und schweren Gebäudeschäden. Die Furcht vor einem solchen Angriff erfasst auch die Memminger Bevölkerung. (HG)

Bekanntmachung des Oberkommandos der Wehrmacht vom 12. April 1945 (abgedruckt im Allgäuer Beobachter am 13. April 1945): „Jede Stadt ist zu verteidigen. […] Städte liegen an wichtigen Verkehrsknotenpunkten. Sie müssen daher bis zum äußersten verteidigt und gehalten werden, ohne jede Rücksicht auf Versprechungen oder Drohungen, die durch Parlamentäre oder feindliche Rundfunksendungen überbracht werden. Für die Befolgung dieses Befehls sind die in jeder Stadt ernannten Kampfkommandanten persönlich verantwortlich. Handeln sie dieser soldatischen Pflicht und Aufgabe zuwider, so werden sie wie alle zivilen Amtspersonen, die den Kampfkommandanten von dieser Pflicht abspenstig zu machen versuchen, oder gar ihn bei der Erfüllung seiner Aufgabe behindern, zum Tode verurteilt.“

Erlaß des Reichsführers SS, Heinrich Himmler vom 12. April 1945 (abgedruckt im Allgäuer Beobachter am 13. April 1945): „Der Feind versucht durch Irreführung, deutsche Orte zur Übergabe zu veranlassen. Durch vorgeprellte Panzerspähwagen unternimmt er es, die Bevölkerung mit der Drohung einzuschüchtern, daß im Falle der Nichtübergabe der Ort durch angeblich aufgefahrene Panzer oder Artillerie zusammengeschossen würde. Auch diese Kriegslist des Feindes verfehlt ihr Ziel. Keine deutsche Stadt wird zur offenen Stadt erklärt. Jedes Dorf und jede Stadt werden mit allen Mitteln verteidigt und gehalten. Jeder für die Verteidigung eines Ortes verantwortliche Mann, der gegen diese selbstverständliche nationale Pflicht verstößt, verliert Ehre und Leben."

Notizen von Gymnasiallehrer Hans Weis über eine Auseinandersetzung mit Kreisleiter Wilhelm Schwarz am 13. April 1945, nachdem er tags zuvor zur Abgabe seines Fahrrades für die Wehrmacht aufgefordert worden war: „[…] Also zum Nero Memmingens […]. Ist auf einer Sitzung der Kreisleitung. Daheim nervös herumgesessen. […] 5 Uhr im Lodenmantel mit Parteiabzeichen wieder hin. „Warten Sie im Wartezimmer.“ In dem wohlproportionierten Raum (Mittelalter!) gleich in ausgeglichener Stimmung. Eine kaum sichtbare Handbeugung bietet mir einen Stuhl an. An der Wand ein Adolf-Hitler-Bild. Jetzt beginnt eine der interessantesten Redeschlachten meines Lebens. „Ich wollte schon länger mit Ihnen sprechen, weil ich das Gefühl hatte, daß Verstimmungen und Mißverständnisse eine Klärung bedürfen. Was liegt gegen mich vor?“ „Nichts“, donnert der gewaltig. Dann schimpft er los: „Wegen so einer Kleinigkeit wie ein Fahrrad setzen Sie die ganze Stadt in Bewegung!“ […] Es ist furchtbar, schwer und gefährlich mit ihm zu verhandeln, weil er ein dummer, eingebildeter […] ohne Logik ist und Vernunft. Alle Finten, Schliche und Kniffe [..] benützt der Lump, besonders die […] absichtliche Verdrehung des Streitpunktes und das Abspringen vom Gegenstand. Er stellt Behauptungen auf, die mit der Streitfrage (warum gerade ich mein Rad hergeben sollte) nichts zu tun haben, die aber wichtig sind. Dann hüpft er sofort wieder hinüber und sagt: „Sie geben mir ja selber recht. Also müssen Sie ihr Rad abgeben.“ Ich mache es wie die Alliierten, lasse ihn sein Pulver verschießen und rücke dann erst mit meinen Argumenten heraus. Es ist widerwertig oder spannend wie eine Panzerschlacht. […] Ich decke ihn mit meinen Argumenten so zu, daß er ganz zusammensinkt und froh ist, daß er ans Tischtelephon muß. (Übrigens ein interessantes Gespräch. „Ja Pleß muß unter allen Umständen gehalten werden. Sperren anlegen. Posten Tag und Nacht, auch in die Wiesen, daß keiner durchsickert.“) […] Immer wieder kommt er mit dem Einwand: „Wo ist ihr Rad wichtiger, an der Front oder bei Ihnen?“ Am liebsten hätte ich dem frechen Bonzen geantwortet: „Und wo sind die 500 Zigaretten, die da auf dem Schreibtisch liegen und die Sie von irgendwoher erpresst haben, wo sind die wichtiger, an der Front oder bei Ihnen?“ […] Aber ich mußte mich immer wieder zurückhalten. […] Schließlich behauptet er, meine Bibliothek sei gar nicht so wichtig, die anderen Bibliotheken seien auch alle kaputt. „Gerade deshalb", erwidere ich, "müssen die paar noch vorhandenen Bücher erst recht erhalten bleiben.“ Das sucht er mit dem famosen, aus dem Munde eines Nazis allerdings nicht verwunderlichen Satz zu entkräften: „Überhaupt die ganze Kultur ist gar nicht so wichtig, die Hauptsache ist Ehre und Freiheit!“ Die Freiheit, mit der er die 500 Zigaretten da auf dem Tisch zusammengestohlen hat, und die Ehre, mit der er sie den Frontsoldaten vom Mund wegraucht. Seine Finger sind ganz gelb und zittern. Er kann scheints nur noch durch dauernde Nikotinbetäubung den Gedanken an den drohenden Galgen verscheuchen. Unser Florettfechten mit Stoß und Gegenstoß, Parade und Gegenparade geht dann weiter. […] Dann sagt er in irgendeinem Zusammenhang: „Unsere militärische Lage ist miserabel.“ Um ihn in Stimmung zu halten, sage ich. „Umso besser aber die politische.“ „Das ist auch meine Meinung.“ […]“

Mit den Brückensicherungen bei Ferthofen und Egelsee beginnen die ersten Verteidigungsmaßnahmen an den Memminger Stadtgrenzen. Offenbar rechnet die militärische Führung eher mit einem Vordringen der Alliierten aus dem Raum Biberach zur Iller als von Norden über die Donau nach Süden. Zur Sicherung der Ferthofer Brücke werden acht Soldaten eingeteilt und bei Privatpersonen einquartiert. Sie sollen eine „handstreichartige Einnahme und Sabotageakte“ an der über Nacht plötzlich strategisch wichtigen Illerbrücke verhindern. Eine Woche später wird diese kleine Truppe gar durch eine rund einhundert Mann starke Einheit ersetzt. Diese Wehrmachtssoldaten werden in den kommenden Tagen durch eine Feldküche, aber auch von den Einwohnern Ferthofens fürsorglich verpflegt. Nun wird jedermann klar: Der Krieg steht vor den Toren von Memmingen. (HG)

Franz Schauwecker (nationalsozialistischer Schriftsteller und Wegbereiter des Nationalsozialismus in der Literatur, 1945 vor den sowjetischen Truppen nach Günzburg geflohen, Auszug aus dem Allgäuer Beobachter vom 14. April 1945, Rubrik „Aus der Heimat“): „Jetzt sind wir alle dran: Es gibt keinen, der nicht weiß, was das bedeutet, Deutscher zu sein, und das das ist: Deutschland. Mancher mag das als schweres Schicksal empfinden, Deutscher zu sein, und mancher mag diesen Raum „Deutschland“ als einen von granitenen Mauern des Schicksals umschlossenen Bezirk erleben. Der ungeheuren Bestimmung, welche dieses Schicksal ausübt, kann sich auch nicht die ahnungsloseste Seele und nicht der unwilligste Geist entziehen. Dieses Schicksal macht es dem verstockesten Gemüt und dem verhärtesten Sinn klar, um was hier gespielt wird, und wenn es ihm auch nur das einzige wie eine Faust unter die Nase hält: Es geht hier auch um dein Schicksal, um deine Zukunft, um dich. Selbst der größte Egoist, auch der noch ganz unbelehrbar in sich selbst Versponnene muß eines anerkennen, daß, wenn er sein Ich auch allem andern voranstellt, wenn er nur an sich selbst denkt, an seine Träume, Wünsche, Begierden, daß er auch dann nicht entgehen kann, sondern daß er auch dann erfaßt ist, von den Fußsohlen bis zum kürzesten Haar auf seinem Scheitel. Denn vor dem Schicksal, das sich am unzweideutigsten in der Form des Gegners enthüllt, und am allerdeutlichsten auch für den Begriffstutzigsten in dem Feind, der da oben über uns fliegt und jeden Augenblick seine Bombenschächte öffnen kann, sind wir alle ein und dasselbe, alle gleich vernichtenswert, alle gleich künftiges Nutzobjekt, allesamt Deutsche und weiter gar nichts, Deutsche, die nur dann gut sind, wenn sie tot sind, und die lebendig nur einen Zweck in der Welt haben, wenn sie besiegt oder gefangen für die Gegner arbeiten. Dieser Logik, die unanfechtbar richtig ist, kann sich nicht einmal der Böswilligste, sondern höchstens der vollendete Dummkopf entziehen, ein Mensch, welcher nicht imstande ist Ursache und Wirkung mit einander zu verknüpfen und der unfähig ist, Schlußfolgerungen zu ziehen. Das ist keine schwierige höhere Mathematik, sondern es ist das kleine Einmaleins des allgemeinen Menschenverstandes. Heute ist jeder Soldat, auch ohne Uniform. Heute ist jeder im Dienst, auch ohne Kommando, Heute ist jeder von uns Deutscher, auch ohne lautes Bekenntnis. Der unentrinnbare Druck des weltgeschichtlichen Vorganges dieses Krieges hat das ganze Volk so nebeneinander gerückt, daß in der gegenwärtigen Fühlung, Schulter an Schulter und Seele an Seele, jeder das Blut des anderen pulsieren und den Atem des anderen in den seinen eingehen fühlt.“

In der ersten Aprilhälfte 1945 war der Flüchtlingsstrom nach Memmingen immer größer geworden. Da es aufgrund der ständig bedrohlichen Luftlagen keinen geregelten Bahnverkehr mehr gibt, versuchen verzweifelnde Reisende mit allen Mitteln an ihre Ziele zu gelangen. So wird beschrieben, dass in „Knäueln wartende Flüchtlinge“ insbesondere am Marktplatz und anderen zentralen Stellen der Stadt versuchten, Fahrzeuge anzuhalten und umgehend die Stadt zu verlassen. (HG)

Aus dem Monatsbericht der Memminger Schutzpolizei vom 30. März 1945: „Es unterliegt keinem Zweifel, dass die derzeitige Kriegslage einen gewissen Auftrieb unter den ausländischen Arbeitern und Kriegsgefangenen gebracht hat. Sie wittern Morgenluft. Wenn auch Gewaltverbrechen, mit Ausnahme eines Mordes und verschiedener Diebstähle, bis jetzt nicht vorgekommen sind, so benehmen sie sich doch zum Teil herausfordernd und anmassend. Es ist heute so, dass jeder zweite auf der Strasse ein Ausländer ist. […] Es kann wohl gesagt werden, dass durch Abwanderungen aus den feindbesetzten Gebieten und aus anderen durch die feindliche Luftwaffe angegriffenen Städten der Überblick und die Kontrolle über die Ausländer stark beeinträchtigt ist und dass die Auffangstellen besser ausgebaut werden sollen, wenn nicht eines Tages eine grosse Gefahr herunterbeschworen werden soll. Es muss aber in Betracht gezogen werden, dass das Arbeitsamt Memmingen bald nicht mehr in der Lage sein wird, die abgewanderten Ausländer alle in Arbeit einzusetzen. Bestimmte Weisungen für die Polizei und die Arbeitsämter wären angebracht, da der Zustrom der abgewanderten Ausländer in Memmingen immer grössere Formen annimmt. In der Hauptsache sind es Franzosen, auch Esten und Letten, die in hiesige Gegend kommen. Auch in die Kinos drängen sich die Ausländer. Selbst Ostarbeiter und Polen müssen vom Kino weggewiesen werden."

Gustav Schwarz kann als Denkmalpfleger der Stadt den Kommandanten der Wehrmacht davon überzeugen, die in der „Burg“ deponierte Munition abtransportieren zu dürfen, was noch am selben Tag durch einige Bürger ausgeführt wird. Kurz vor der Vollendung steht die Einrichtung eines "Ausweichrathauses" in einer Baracke am Stadion; Bürgermeister Dr. Berndl verzögert aber seine Vollendung, "weil sonst eine Beschlagnahme durch die Wehrmacht zu befürchten ist". In die ehemalige Frauenarbeitsschule an der "Karl-Wahl-Straße" (Ratzengraben) zieht ein Arbeitskommando zur Brotherstellung für den Fliegerhorst ein; in den vorausgegangenen zehn Tagen war dort die Baukompagnie des Kriegsgefangenenlagers VII B einquartiert. Am Abend besteht von 17:42 bis 19:38 Uhr "Akute Luftgefahr", als alliierte Luftstreitkämpfe Bomben auf Bahnhof, Wehrmachtsanlagen und die Messerschmidtwerke in Kempten abwerfen. (CE)

Fliegerangriff auf Kempten am 16. April (Auszüge aus dem Bericht der Memminger Schutzpolizei):

17:25 Fliegeralarm
17:29 drei gemeldete Verbände mit Ost-Kurs auf Pfullendorf
17:30 54 Flugzeuge über Stockach
17:35 54 Flugzeuge im Raum Pfullendorf
17:42 Akute Luftgefahr
17:47 Anflug auf Kempten
17:49 Bombenabwurf über Kempten
17:52 Bomberverband aus dem Raum Tettnang im Anflug auf Kempten
17:59 im Raum Leutkirch 27 Bomber kreisend
18:04 im Raum Sonthofen 32 Maschinen
18:05 im Nordwesten ca. 36 Maschinen im Anflug auf Kempten
18:06 Bombenabwurf über Kempten
18:07 zweiter und dritter Bombenabwurf über Kempten
18:12 Welle bestehend aus 36 Flugzeugen erreicht Isny, Kurs Kempten
18:17 laufend Bombenabwurf über Kempten
18:20 Verband wieder im Abflug in Richtung Ravensburg
18:25 neuer Verband im Anflug auf Kempten, 19 Maschinen
18:26 neuerdings Bombenabwurf auf Kempten
18:28 weiterer Verband im Raum Tuttlingen, 40 Maschinen
18:39 40 Flugzeuge von Isny auf Kempten
18:46 Bombenabwurf auf Kempten
18:53 weiterer Verband im Anflug auf Ravensburg
18:58 Isny überflogen Kurs Kempten, 40 Flugzeuge
19:01 Bombenabwurf auf Kempten
19:04 weitere Anflüge vorläufig nicht erkennbar
19:27 Vorentwarnung
19:38 Luftgefahr vorbei

Seit dem 3. April laufen Gespräche mit der UFA-Filmgesellschaft zur Unterbringung von 48 Filmschauspielern für drei Wochen in Memmingen oder der näheren Umgebung. Am 16. April ist klar, dass gegen Ende der Woche mit den Aufnahmen für einen "Farbfilm über Puppenspiele" begonnen werden kann. (CE)

"Der Puppenspieler" (filmportal.de): Spielfilm nach der Novelle "Pole Poppenspäler" von Theodor Storm, Deutschland 1944/1945 (unvollendet und unveröffentlicht, Filmfragmente verschollen)

Regie: Alfred Braun Drehbuch: Veit Harlan und Alfred Braun Kamera: Konstantin Tschet Schnitt: Alice Nora Decarli Musik: Wolfgang Zeller Produktion: Ufa-Filmkunst GmbH Berlin (Herstellungsgruppe Veit Harlan) Dreharbeiten vom 05.11.1944 bis April 1945 in Meldorf, Friedrichstadt, Lübeck (und Memmingen) Darsteller: Max Eckard (Pole Poppenspäler - Paul Paulsen), Elfie Mayerhofer (Lisei), Eugen Klöpfer (Herr Tendler), Maria Koppenhöfer (Frau Tendler), Paul Bildt (Vater Paulsen), Albert Florath (Lehrer Steenbock), Alfred Schieske (Jochen Henkel), Franz Weber (Jesper), Robert Forsch (Gabriel), Hannsgeorg Laubenthal (Ingenieur)

Inhalt (filmportal.de): Ein alter Webereibesitzer erinnert sich an seine Jugend: Schon als Kind war er von den Puppenspielern begeistert, besonders aber von deren Tochter Lisei. Jahre später trifft er sie in einem schwäbischen Städtchen wieder und hilft ihrem alten Vater, der zu Unrecht des Diebstahls bezichtigt wird. Kurz entschlossen heiratet er Lisei und nimmt sie und ihren Vater mit in seine Heimat, wo er die Werkstatt seines Vaters übernimmt. Doch hier nimmt man ihm übel, dass er eine solche Frau geheiratet hat, und als der alte Puppenspieler im Rathaus auftreten will, wird er verspottet. Als der alte Mann aus Verzweiflung stirbt, wendet sich das Blatt. An seinem Grab bitten die Bürger um Verzeihung für ihr schändliches Verhalten.

Der Heeresstandortälteste in Memmingen, Oberst von Winnewarter, sowie Kreisleiter Wihelm Schwarz setzen im Saal der Gaststätte „Bayerischer Hof“ (Geschäftsstelle der NSDAP-Kreisleitung Memmingen) für die Kreise Memmingen, Mindelheim und Kaufbeuren eine Besprechung an, zu der alle Landräte und Bürgermeister, auch Polizei- und Volkssturmführer geladen werden. Besprochen werden die angeordneten Verteidigungsmaßnahmen, insbesondere die Errichtung von Panzersperranlagen. In Memmingen sind Sperren unter anderem an den historischen Stadttoren (Lindauer-, Kempter-, Wester- und Ulmer Tor) und auch an den Ausfallstraßen vorgesehen. Wegen Fahnenflucht wird der Volkratshofer Soldat Jakob Rabus im baden-württembergischen Bühlertann von einem sog. Feldgericht zum Tod verurteilt und am Abend erschossen. (HG)

Aus dem Bericht des Oberkommandos der Wehrmacht vom 17. April 1945: „Die auf breiter Front zwischen Bayreuth und Heilbronn angreifende 7. amerikanische Armee konnte auf ihrem linken Flügel aus der Fränkischen Schweiz bis in den Raum von Lauf und Erlangen verstoßen. In den übrigen Abschnitten kamen die feindlichen Divisionen durch die Standhaftigkeit und die fortgesetzten Gegenstöße unserer Grenadiere nur wenig über ihre Ausgangsstellungen hinaus. […] Amerikanische Bomberverbände richteten Angriffe gegen einige süd- und mitteldeutsche Städte. Dabei wurden besonders Wohngebiete von Landshut betroffen. Die feindliche Tieffliegertätigkeit über dem Reichsgebiet war wiederum rege. In der Nacht warfen britische Kampfverbände Bomben auf München, Amberg und Pilsen. Außerdem wurde die Reichshauptstadt und deren östliches Vorfeld angegriffen.“

Lagebericht der Heeresgruppe B vom 17. April 1945: "Der Endkampf haat begonnen. Von der 15. Armee liegen keine Meldungen mehr vor. Der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe meldet 2 tiefe Einbrüche. Einzelne Teile sind bereits überrollt. Waffen und Munition fehlen. Gehalten wird noch die Ecke um Düsseldorf. Der Stab des Oberbefehlshabers dient als Eingreifreserve. Die Aufforderung zur Übergabe wurde abgelehnt. Die Funkverbindung funktioniert noch."

Lagebericht der Heeresgruppe G vom 17. April 1945: "An der Mulde im Raum von Chemnitz schließt der Feind auf. Die Bevölkerung macht Schwierigkeiten. Südlich Plauen feindliche Spitzen. Hof ging verloren. Gegen Nürnberg stieß der Feind weiter nach Norden heran. Um 3:00 Uhr begann ein eigener Stoß nach Westen, geführt durch die Kampfgruppe "Grafenwöhr". Auch bei Altdorf kamen eigene Kräfte voran; jedoch schob sich der Gegner westlich Nürnberg vor. Bei der 1. Armee Einbrüche, die nach 5-10 km Tiefe aufgehalten wurden. Im Schwarzwald und bei Offenburg weitere Kämpfe. Bei Kehl wird noch ein Brückenkopf gehalten."

Ein französischer Aufklärer überfliegt Memmingen und den Flugplatz Memmingerberg. Der Pilot der Jagdmaschine des Typs „Spitfire“ gehört einem gemischten französisch-amerikanischen Verband an und untersteht dem Befehlshaber der 8. USAAF. Bestechend sind seine klaren Bilder. Aus einer Gesamtaufnahme des Fliegerhorstes Memmingerberg geht deutlich hervor, dass trotz des schweren Luftangriffes vom 9. April 1945 die östliche Hälfte der Landebahn sowie die dazu führenden Rollwege bereits wieder provisorisch instandgesetzt wurden. Die französischen Auswerter stellen zudem fest, dass sich noch eine ganze Reihe von deutschen Militärflugzeugen auf dem Fliegerhorst befinden, darunter ein Jäger Dornier 335. Bei diesem Flugzeug handelt es sich um das damals schnellste konventiell angetriebene Jagdflugzeug der Welt, ausgestattet neben dem normalen Propeller mit einem weiteren „Schubpropeller“ am Heck. (HG)

Auszug aus der letzten Ausgabe des „Allgäuer Beobachters“ vom 18. April 1945: „Für Notbeleuchtung im LS-Raum sorgen! Bei Angriffen können Störungen der elektrischen Lichtleitungen eintreten. Deshalb muß Notbeleuchtung im LS-Raum bereitgestellt werden. Jedes Mitglied der LS-Gemeinschaft hat zur Notbeleuchtung beizutragen, indem es Kerzen, Taschenlampen, Streichhölzer und dgl. dem LS-Gepäck hinzufügt. Diese Gegenstände müssen so zur Hand sein, daß sie auch im Dunkeln gefunden werden können.“

Auf Wunsch von Bürgermeister Dr. Berndl werden früh um 9 Uhr die durch Panzersperren verursachten Verkehrshindernisse überprüft und beseitigt. Die Bevölkerung kommt nicht zur Ruhe, da am Tag immer wieder Fliegeralarm ausgelöst wird. Für den Spätnachmittag ist die Aufnahmefeier für "Pimpfe und Jungmädel" in die Hitlerjugend vorgesehen. (HG)

Aus dem Bericht des Oberkommandos der Wehrmacht vom 19. April 1945: "Am dritten Tag der großen Abwehrschlacht von Berlin warfen die Bolschewisten Menschen und Material in bisher nicht gekanntem Ausmaß in den Kampf. Unsere tapferen Truppen hielten, durch das Beispiel ihrer Offiziere mitgerissen, dem feindlichen Massenansturm stand und vereitelten alle Durchbruchsversuche. [...] Der Kampf zwischen Ruhr und Rhein ist beendet. In wochenlangen schwerstem Ringen haben Truppen aller Waffengattungen unter dem Oberbefehl des Generalfeldmarschalls Model überlegene Kräfte von zwei amerikanischen Armeen gebunen und ihnen in vorbildlicher Pflichterfüllung bis zum letzten Atemzug Widerstand geleistet. der Gegner erlitt hierbei schwere Verluste an Menschen und Material [...] Um Nürnberg wurde den ganzen Tag über von der tapferen Besatzung am Burggraben, in der östlichen Vorstadt und an der Pegnitz gekämpft Der nach Südosten vordringende Feind wurde aufgefangen und durch Gegenangriffe in der Flanke gefaßt. Westlich davon schob sich der Gegner von Norden und Westen an Ansbach heran. [...] Das Reichsgebiet wurde bei Tage von stärkeren Kampfverbänden angeflogen, die vor allem die Insel Helgoland und mehrere Kleinstädte in Süddeutschland angriffen. In der Nacht warfen Kampfflugzeuge Bomben auf die Reichshauptstadt."

In diesem Jahr werden alle Feierlichkeiten zum Geburtstag des „Führers“ abgesagt, täglich wird die Stadt von feindlichen Flugzeugen überflogen. In mehreren Schulen und öffentlichen Gebäuden werden zahlreiche Kriegsverletzte medizinisch versorgt, für etwa 1200 evakuierte Personen, insbesondere aus dem Ruhrgebiet, werden Behelfsunterkünfte geschaffen. Dazu kommen mehrere hundert Kriegsgefangene und ausländische Zivilarbeiter („Fremdarbeiter“) im Stalag VIIB und verschiedenen Lagern im Stadtbereich. 50 km nördlich von Memmingen greifen französische Luftverbände mit Jagdflugzeugen vom Typ „Spitfire“ und Bombern vom Typ B 26 „Marauder“ den Flugplatz Laupheim an. Die Gesamtluftlagewarnmeldung zählt für Bayern an diesem Tag besonders viele „feindliche Einflüge“. In Memmingen ist die Lage angespannt. Der Bahnhof ist mit Waggons überfüllt; keine weiteren sollen bei Tage mehr einfahren; doch die Wehrmacht plant für diesen Tag die Überführung eines leeren Zuges auch bei Tage. Um 10 Uhr muss der Memminger Fahrdienstleiter feststellen, dass noch ein weiterer Wehrmachtszug aus Richtung Mindelheim in Memmingen einfährt. Diesmal ist dieser Zug aber mit etwa 400 Wehrmachtssoldaten voll besetzt. (HG)

Fahrdienstleiter Elias Sturm: „Die Luftlage war kritisch, ich trieb alle zur höchsten Eile an, damit der Zug schnell aus dem Bahnhof rollen könnte. Infolge der Überfüllung des Bahnhofes ließ sich dies aber nicht so schnell bewältigen. Inzwischen wurde wieder Fliegeralarm gegeben. Die Lok setzte sich bereits vor den Zug. Ich rief den Fahrdienstleiter an, doch den Zug sofort abfahren zu lassen. Aber es wurde akuter Luftalarm gegeben, der Zug konnte nicht mehr abfahren.“

Elias Sturm fährt mit dem Fahrrad am stehenden Zug entlang und fordert die Soldaten auf, sich sofort in Sicherheit zu bringen. Aber nur die Mannschaften aus den ersten fünf Waggons folgen seinen Anweisungen. Die anderen Soldaten folgen seinen nur zögernd oder bleiben im Gefahrenbereich der Bahnanlagen, da sie strikten Befehl erhalten hatten, nicht aus dem Zug auszusteigen. Doch dann ertönt eine ansteigendes Brummen in der Luft. Die Amerikaner kommen! (HG)

Aus einem Schreiben der Bahnhofsverantwortlichen an die Reichsbahn in Augsburg: „Terrorangriff auf den Bahnhof in Memmingen: Erster Verband 10.45 Uhr, sechs Wellen. Zweiter Verband 11.07 Uhr, sechs Wellen. Dritter Verband 11.20 Uhr, fünf Wellen. Vierter Verband 11.37 Uhr, eine Welle, alle von Süden kommend nach Norden. Ein im Bahnhof stehender Militärzug wird zerstört. Tote und verwundete Soldaten. Verluste unter den Bediensteten noch nicht festgestellt. Gleisanlagen im Güterbahnhof stark beschädigt. Verkehr von Ulm und Buchloe für kurze Züge in den Personenbahnhof möglich. Verkehr von Kempten, Legau, Leutkirch nur bis an die zerstörten Gleise möglich, Zufuhr zur Lokbehandlungsanlage unmöglich. Gestellung einer Lok von Buchloe nach Memmingen nötig zum Umspannen. Bm-Gelände, Güterhalle und Stellwerk beschädigt, Bachbrücke zerstört. Fernmeldeleitungen nach Kempten, Leutkirch und Legau unterbrochen. Unter den zerstörten Wagen befinden sich solche mit Munition, die fortwährend detoniert.“

18 tote Soldaten aus dem Wehrmachtszug werden geborgen; weitere kamen im Reichshain oder bei der Bahnunterführung an der Luitpoldstraße ums Leben, mindestens 46 Wehrmachtsangehörige und fünf Zivilisten. Genaue Festlegungen erweisen sich jedoch als schwierig, da getötete Militärangehörige nicht im örtlichen Standesamt beurkundet wurden. Hinzu kommen laut den Sterberegistern des Memminger Standesamtes noch 81 Männer, Frauen und Kinder, darunter auch einige Arbeiter aus Polen, Frankreich und Italien, welche in unmittelbarer Bahnhofsnähe bis hinein in die Stadtmitte bei dem Luftangriff zu Tode kommen. (HG)

Soldat Albrecht Körbel aus Thüringen: „Der Angriff kam so plötzlich, dass wir kaum den Zug verlassen konnten. Wir waren völlig schutzlos. Es kam der Befehl: Alles unter die Bahnunterführung. Doch ich rannte mit einigen Kameraden weiter ins Freie. Plötzlich waren die Bomber über uns und schon rauschte es über uns, als ob man eine Ladung Schotter abkippt. Schienen und Eisenbahnschwellen surrten über uns weg. Es war die Hölle. Als die vierte Welle abgeworfen hatte, liefen wir zurück. Unter der Unterführung lebte keiner mehr. Die Bombentrichter waren voll Wasser, überall tote Soldaten. Wir trugen die Toten zusammen und legten sie auf dem Bahnsteig ab. Mehr konnten wir nicht tun.“

Neben dem Personen- und dem Güterbahnhof werden die Altstadt sowie auch wieder der Flugplatz in Memmingerberg schwer getroffen. Insbesondere die Schäden in der Stadt sind immens. In Trümmer liegen das städtische Krankenhaus am Reichshain, der Bereich um die Frauenkirche mit Pfarrhaus und Frauenmühle, das Gerberviertel mit Siebendächerhaus sowie viele Häuser entlang Waldhornstraße, Kuttelgasse, Lammgasse, Salzstadel und Krautgasse. So mancher Keller ist nicht als Luftschutzraum ausgebaut und bricht angesichts der hohen Bombenlast zusammen; einige Bürger unterschätzen den zeitlichen Abstand zwischen den Angriffswellen und verlassen zu früh ihre Keller. (HG)

Eine Zeitzeugin: „Wir waren in unserem Keller am Güterbahnhof, als die erste Bombenwelle kam. Alles bebte unter den Einschlägen. Als der erste Angriff vorbei war, mussten wir aufgrund der starken Rauchentwicklung den schützenden Kellerraum verlassen und ins Freie flüchten. Meine Mutter nahm mich und die Geschwister mit in Richtung Benninger Ried, wo wir uns unter Büsche legten. Hier sahen wir dann die nächste Angriffswelle kommen.“

Die möglicherweise 112 zweimotorigen (in vier Wellen zu je 28) Bomber des Typs B 26-„Marauder“ waren in Torigni sur Vire in der Normandie bei Saint Lo gestartet. Ein Flugzeug wird beim Anflug über dem Memminger Luftraum von deutschen Düsenjägern Me 262 (möglicherweise aus München-Riem oder vom Lechfeld) beschossen und stürzt bei Appendorf (Landkreis Biberach) ab; ein weiterer Flugzeugabsturz ist auf Aitracher Gemeidegebiet bezeugt, wohl im Wald bei Sankt Johann. (HG)

Aus dem Tagebuch des Gymnasiallehrers Hans Weis zum 20. April 1945:  „Der Dies irae für unsere arme Stadt. H[anna] muß auf Milch u. Käs endlos lang anstehen. Ich fiel in Ohnmacht vor Unruhe, denn heute muß ja was kommen. Richte die Räder her u. den Rucksack. Als wir kaum abfahren ALARM u. Akute Gefahr [10.28 und 10.31 Uhr]. Die Buxacherstr. noch fast leer. Tiefflieger. H[anna] springt vom Rad. Am Stadel rauschen die ersten Wellen, immer circa 12 Stück, heran. Wir treten in den Schatten. Dann geschieht die Katastrophe. Die erste Sprengwolkenwand. Ich zeichne sie nur stehend. Das Herz setzt fast aus, als beim 3. Abwurf genau unsere Gegend getroffen wird. Die Erde bebt, der Boden zittert. [...] Die kath. [Kirche] ist vom Qualm verschluckt, der Martinsturm etwas im Grau. Die ganze andere Stadt nicht mehr zu sehen. [...] Vom Stadel aus zunächst 2 Einschlagzündungen, gelb, grau, grau. Oben 8 Bomber, dann eine breitere Welle südl. der kath. Kirche. Ein furchtbarer Feuerballen [...]. Feuer fällt vom Himmel Apokalypse. Dann noch eine 3. Ladung. Ich zeichne. H[anna] liegt am Boden u. jammert. Das arme Memmingen. [...] Ein feines Geburtstaggeschenk. H[itlers] an unsere Stadt. Der Pulverdampf. Ein Taubstummer. [...] Kreisbewegung. Eisenbahn. Alarm. Zu spät. Rauschen. 3 Gruppen. Unsere Gegend. Niederwerfen. Bordwaffen. Unsere Gegend in Rauch, Flammen und Grauen gehüllt. Wir werfen uns ins nasse Gras. Es riecht nach Schafsdreck. Überall stehen die Einschlagsäulen hinter den Helden. Über unserem Viertel auch der fürchterliche Feuerfladen. [...]. Motoren, Rauschen, Einschlag, wieder einer, wieder einer! H[anna]: „Alles nach Memmingen, wieder einer, der 5.“ Eine Frau schluchzt neben mir!“ Sie schreit: „Jetzt kommet se rüber zu uns! Wenn wir no d´Kinder mitgnome hättet.“ 1/2 12 h. Nach 10 Minuten wieder: Brummen, Rauschen, Einschlag. Das ist die Hölle, so was haben Menschen noch nie durchgemacht, was H[anna] u. mir u. allen jetzt. Hitlers Geburtstag. Der Tag des Schicksals u. des Grauens für die ganze Menschheit. Warum hat Großvater Klotz auch sein Haus an den Bahnhof gebaut! Wie mag jetzt der Steingarten aussehen? Die Tulpen, die Bücher, die Sachen. Noch vorher schaute ich ganz traurig das kleine Beetzängle und Flachzängle an. Immer noch donnert es, kracht es ringsherum [...] Die ganze Rauchwolke ist in Richtung Kardorf abgezogen. Jetzt muß ich heim. Einer der schwersten Gänge meines Lebens. Wie werde ich die Früchte unzähliger, unsäglicher Mühen vorfinden. Am Krankenhaus tragen 4 Mann eine Tragbahre mit einem Schwerverwundeten. Am Marktplatz kehren sie die ersten Scherben zusammen. Die ersten Ziegelbrocken. Der Stadtbach kaffeebraun. Dann gehts los. Ein wüster Traum. Die ganze Kalchstraße übersät mit Trümmern, die kahlen Dachsparren. In der Salzstadelgasse die Steinlawine eines zusammengestürzten Hauses. Der halbe Salzstadel. Alle Schaufenster herausgerissen. [...] Leichen auf der Straße. Immer die Angst, wie ists bei uns. Das Haus steht noch, aber wie zersaust. Fenster eingeschlagen, die Zimmerdecke herunten. [...] Hausgang, Türe, Fenster rausgerissen. Glasscherben. Anna war bei Steinlehner u. hat geläutet: PF sagte, das Haus habe es nur so gehoben. Ein paar Löffel Suppe im Stehen. Essen für H[anna] mitgenommen [...]. Am Bahnhofsplatz liegt ein 6 m langes Stück Eisenbahnschiene. In der Maximilianstraße alles zersaust. Ein Schutt u. Splitterteppich. Bei Eisele werden die Haufen so hoch, dass ich das Rad am Salzstadel entlang karren muß. Fürchterlich. [...] Holzsplitterchaos. Der halbe Salzstadel weg. O Mittelalter! O neue technische Zeit. Bei H[anna] Meldung. Eine Litauerin hat vor H[anna] gebetet und Kreuze geschlagen und in einem fort behauptet, Memmingen sei kaputt. Ein symp. Mensch rückt auch bald mit seiner Meinung raus! H[itler] hat es tatsächlich fertig gebracht, daß Deutschland einig ist. Alle Deutsche haben nur den einen Wunsch, daß dieser Massenmörder verreckt. Am Bismarckturm sind auch die ganzen Gräben voll Menschen. Vorher furchtbares Bild. Ca. 200 Menschen mit Eimern holen Wasser aus der Buxach. In der Stadt gibts keines. Überhaupt auf den Straßen nur noch Kriegsbilder. LKW mit Frauen und Soldaten, Gefangene, Krankenschwestern, Handwegell mit Flüchtlingen, Arbeitsmeider, Verwundete. Mir graut es in die zerstörte Stadt zurück.“

Luftschutzbeauftragte Anny Schmid: „Voll von großer Sorge verließen die Menschen die Keller. Haben alle, die an ihren Arbeitsplätzen waren, noch rechtzeitig die Keller erreicht und sind alle noch am Leben? Langsam fahren schon die Sanitäts- und Rettungsmannschaften durch die mit Schutt und Steinen beladene Schwesterstraße, denn die Maximilianstraße war durch Schuttberge und einen großen Bombentrichter völlig unpassierbar geworden. Unsere Kinder saßen noch wie angewurzelt auf ihren Stühlchen im Keller. Bei jedem Lastwagen, der die Schwesterstraße befuhr, duckten sie sich und sagten: „Jetzt kommen sie wieder“ und meinten die Flieger. Erst durch gutes Zureden komme ich die beiden aus dem Keller holen, denn ein Zimmer hatten wir von Schutt befreit.“

Schwester Lina Schwetzer (leitende Diakonisse im städtischen Bürgerheim): "Es war 10 3/4 Uhr mittags, als mit großer Schnelligkeit und Plötzlichkeit ein furchtbarer Angriff auf unser Städtchen losbrach. Kaum konnten die Leute einigermaßen geborgen werden und einige Insassen blieben aber im Hause. Viele Leute der Nachbarschaft suchten Hilfe bei uns. Es war eine entsetzliche Stunde, die wir in unserem kleinen ungestützten Keller verlebten; der Keller war aus Platzmangel nicht gestützt worden. Wir konnten nichts anderes tun, als uns ganz innig in Gottes Schutz befehlen und mussten jede Sekunde auf das Schlimmste gefasst sein. Die Haltung aller Insassen war in dieser Schreckensstunde eine sehr gute. Über und um uns war ein furchtbares Spektakel, ein Tosen, Bersten, Krachen, Splittern, Zusammenstürzen, ein Beben der Erde unter uns. In fünf oder sieben Wellen war der Angriff über unserem Stadtteil dahin gebraust. Als wir in einer Atempause einmal oben im Hause waren, sahen wir schon die schreckliche Zerstörung auch bei uns. Sämtliche Fenster waren zerbrochen und teilweise die ganzen Fensterstöcke herausgerissen; die Winterfenster hatten wir gerade zwei Tage vor dem Angriff glücklicherweise noch weggenommen und sie waren in einem Raum des Erdgeschosses ganz geblieben. Alle Türen waren weggefegt oder zersplittert, Gänge und Treppen dick mit Scherben und Ziegeln bedeckt, in jedem Zimmer lagen 1/2 m hohe Schuttmassen, das Dach war fast völlig abgedeckt, unser blühendes Gärtchen in einen Riesentrichter verwandelt und wohin das Auge schaute, sah es Vernichtung und Zerstörung und fürchterliche Trichter ringsum. Aber unser Haus war stehen geblieben, was in der Folgezeit Hunderten von Menschen, auch Fachleuten und Soldaten unfasslich erschien. Die 100 Zentner Bombe, wie die Fachleute feststellten, war, wie ausgezirkelt von einer allmächtigen Künstlerhand, zwischen die beiden Längsseiten unseres Heims hineingefallen und niemand von uns hatte den geringsten Schaden genommen. Herr Oberkirchenrat Daumiller stand einmal mit tiefer Bewegung an diesem Trichter, der im Durchmesser 15 m hatte. Er sprach von Gebetserhörung."

Aus einer Auflistung des Stadtbauamtes vom 02.06.1945 zu den Fliegerschäden am 20.04.1945: "Bei dem Fliegerangriff am 20.4.45 wurden auf Grund der bisher beim Stadtbauamt angemeldeten Fliegerschäden 93 Gebäude leicht, 91 Gebäude mittelschwer, 75 Gebäude schwer und 21 Gebäude total beschädigt. Ausserdem wurden festgestellt, dass weitere 28 Häuser total und 3 Häuser schwer beschädigt sind, worüber bisher keine Meldung erfolgte. Die Zahl der ausgefallenen Wohnungen beträgt somit insgesamt 242, soweit bisher festgestellt werden konnte. Dazu kommen noch die folgenden Gastwirtschaften, in denen die Fremdenzimmer weggefallen sind: Lamm, Weisses Ross, Schwanen."

Aufräumarbeiten und Truppenrückzüge prägen den Tag. Die hiesige Bevölkerung sieht schweigend zu. Zeitzeugen sprechen von einem erschreckenden Zustand der deutschen Wehrmacht. Heruntergekommene und verwahrloste Soldaten, teilweise in Begleitung von Frauen, schlecht ernährte und kaum gepflegte Pferde bei den Gespannen und schrottreife Fahrzeuge ziehen in Richtung Memmingen. Eine an der Hauptstraße wohnende Ferthoferin notiert: „Einen solchen Verkehr hatten wir noch nie. Die ganze Nacht rasten Auto an Auto an unseren Häusern vorbei, denn bei Tage konnten sie wegen der vielen feindlichen Flieger nicht fahren." Erst mit Anbruch der Dunkelheit setzen Wehrmacht, aber auch Zivilisten ihre Absetzbewegungen fort. Am Nachmittag sind ungewöhnliche Geräusche über der Stadt zu hören. Auf dem Memminger Fliegerhorst landen einige Jagdflugzeuge des Typs Messerschmitt 262, des damals wohl modernsten Jagdflugzeug der Welt. Es ist die I. Gruppe des Kampfgeschwaders 51 aus Leipheim, wo wegen der vorangegangenen Luftangriffe kein geregelter Flugbetrieb mehr möglich ist. (HG)

Bemerkungen von Gymnasiallehrer Hans Weis: "Eigentlich gibt es nichts Interessanteres als diesen Spaziergang. Bei jedem Schritt neue Inkohärenzen, Traumphantasien, Unvereinbarkeiten, Zusammenhangstörungen. Und doch ist das Chaos, das Zerschlagene wieder eine neue Stilform, in der das Ganze stört, so wie im Reich der Ordnung das Zerstörte. Die Wertmaßstäbe sind also umgekehrt. Man findet es in diesen Trümmerfeldern "ganz in Ordnung", daß es hier keinerlei Ordnung mehr gibt. Daß hier Noten, Kaktus, verbeulte Kuchenform, Curtius´Griechische Geschichte, Hüte, Leichen, Blech- und Drahtfetzen friedlich vereint bei Klosettschüsseln herumliegen. Zum Zerstörungstil gehören auch die Gasherde und Badewannen, die hoch oben an Zimmern hängen, die Kleiderfetzen auf den zersplitterten Bäumen - überhaupt die Bäume! Ganze Stumpen, nur noch die dicksten Stämme und Äste ragen empor. Die tiefen Krater, gefüllt teilweise mit Wasser, Steinen, Holzsplittern, Hausrat. Die Niveauunterschiede, Tiefblicke, es sind bald Pfade gebahnt durch Möbel -? […] Vorsicht, überall fallen Ziegel von den Dächern. Und die Glasscherben! - In USA kein einziges Fenster kaputt und keine Dachplatte herunter, aber "wir siegen", obwohl Berlin Pankow und Weißensee genommen sind. Hat die Geschichte der Menschheit schon einmal einen solchen Wahnsinn erlebt? Wahnsinnige Verbrecher."

Bürgermeister Dr. Heinrich Berndl: "Ungefähr Mitte April 1945 war auch plötzlich im Dickenreiser Wald beim Wasenmeister Weissenhorn eine Formation von rund 450 Mann Russen aufgetaucht. Ein Oberst der Wlassow-Armee führte sie. Ein Major samt seinem Adjutanten stellte sich bei mir vor. Über die Russen kamen lebhafte Klagen. Sie gruben die von der Wasenmeisterei verschafften Tiere wieder aus und aßen sie. Verschiedene Plünderungen und Wilddiebereien traten auf. Immerhin versuchten die Offiziere mit eiserner Strenge, die Disziplin unter ihren Leuten aufrecht zu halten. Einen Tag vor dem Einmarsch der Amerikaner zog sich die Truppe nach Süden zurück.“

Pfarrer Karl Katzenschwanz in der Amendinger Pfarr-Chronik: "In der Nacht auf 22. April, Sonntag, strömender Regen und Sturm. Endlose Kolonnen Russen (Wlassow-Armee) ziehen durch. In unserem Keller wird eingebrochen, alle Koffer und Kisten aufgebrochen, verschiedenes entwendet. Überall wird gestohlen und eingebrochen. Bei Stöhr eine Kuh. Hasen und Hühnerställe geleert. Beim Hof Kustermann, Grünenfurt, haben 700 übernachtet und requiriert. Am Sonntag war Gottesdienst um 7 und 8:15 Uhr. Bei der 2. Messe Beschuß durch Flak- und Bordkanonen. Während der Wandlung strömt alles hinaus. die durchziehende Wlassow-Armee hat ganz Amendingen belagert und ausgebettelt bzw. ausgeraubt."

Um 10:30 Uhr trifft in Memmingen die Nachricht von einem bevorstehenden Großangriff auf die Stadt ein, worauf sich ein Flüchtlingsstrom von Bürgern und Kriegsgefangenen von der Stadt nach Westen in Richtung Stalag VII B am Hühnerberg bewegt. (CE)

Luftschutzbeauftragte Anny Schmid: „Es ist Sonntag. Woher nehmen die Kraft und die Ausdauer? Schon bei Morgengrauen regt sich die Straße. Die Bewohner unseres Bombenviertels brauchen Wasser. Wie dankbar waren sie für jeden Eimer, den wir füllten. Auf die dringendsten Hausarbeiten sollten bis 9 Uhr getan sein. Opa Schmid übernahm die Wasserausgabe, und mein Mann und Schwager Bilgram waren wieder mit den Fensterschäden beschäftigt. Aufgeregt läutet gegen 10.30 Uhr Jakob Leeb an unserer Wohnungsglocke und berichtet meinem Mann, daß soeben ein Funkspruch aufgefangen wurde, wonach ein Großangriff auf die Stadt geplant sei. Die Bevölkerung soll bis in einer Stunde die Stadt verlassen und Proviant für den ganzen Tag mitnehmen. Mein fester Entschluß war immer, nie das Haus zu verlassen, denn man weiß nie, ob man in die Gefahr hinein- oder aus der Gefahr herausrennt. Aber angesichts der furchtbaren Katastrophe der letzten Tage kamen mir doch schwere Bedenken, ob meine Einstellung richtig ist. Da entschied mein Mann: „Wir gehen zum Stalag.“ Der Stalag war ein großes Kriegsgefangenenlager ca. 2 km von unserem Hause entfernt, beim Bismarckturm. Nach internationalen Kriegsgesetzen durften solche Lager in einem gewissen Umkreis nicht angegriffen werden.“

Aus dem Lagebericht des Oberkommandos der Wehrmacht vom 22. April 1945: "Nordamerikanische Bomberverbände führten bei Tage einen Terrorangriff auf München. Außerdem wurden zahlreiche weitere Orte im bayerischen Raum mit Bomben belegt."

Aus der letzten Stärkemeldung des Stalag VIIB in Memmingen über die Zahl der dort untergebrachten bzw. von dort aus zu Arbeitseinsätzen abkommandierten Kriegsgefangenen:
7400 Franzosen (490 Arbeitskommandos)
5000 Sowjets (100)
4000 Briten (4)
2400 Jugoslawen (180)
1000 Amerikaner (39)
300 Polen (8)
35 Italiener (1)
3000 Angehörige verschiedener Nationen, davon 500 im Verwaltungsdienst, bei Reinigungsarbeiten etc.

Auf dem Memminger Waldfriedhof werden an diesem und am darauffolgenden Tag rund 150 Opfer des Luftangriffes vom 20. April beigesetzt. Die Bestattungen erfolgen durch die Familienangehörige; wenn keine da sind, werden die Toten in Gräbern bestattet, die von Zwangsarbeitern ausgehoben werden. Dabei werden auch unbekannte tote Soldaten aus dem Wehrmachtszug in Gräbern der am 20. Juli 1944 gefallenen Soldaten und Zivilisten beigesetzt. (HG)

Rita Braun: „Ich wollte nicht, dass mein Vater massenbeerdigt wird. Mit einem Handwagen holte ich in Memmingerberg einen Sarg. Als am 24. April 1945 die Leiche freigegeben wurde, haben wir den Vater unter schwierigsten Verhältnissen begraben. Dreimal mussten wir uns auf den Boden legen, da die Tiefflieger auf uns geschossen haben.“

Eine weitere Zeitzeugin: „Wir hatten in der Familie zwei Tote zu begraben, meinen Bruder und meine Tante. Es gab keine Särge mehr, sondern nur noch Holzkisten. Am Grab fand keine eigentliche Beerdigung statt, es wurde kaum etwas gesprochen. Die Tiefflieger kreisten unentwegt über der Stadt“.

Margarethe Krauß (leitende Diakonisse des Altenheimes "Pfründe"): "Drei Tage nach dem Angriff wurden für 14 Tage alle Pfründeinsassen in ein reizend gelegenes Dorf, Buxach, verpflanzt. Das Dorf liegt 1/2 Stunde von Memmingen entfernt. Die schönen Sonnentage haben die Leutchen da draussen mit Freuden genossen. Nur krachte es auch da manchesmal Tag und Nacht von der nahen württembergischen Grenze her, so dass das Haus erzitterte. Einige Tage nach der Übergabe zog alles wieder froh in die alte, wenn auch ungemütliche Heimat. Die Küchenschwestern und die Mädchen blieben in der Pfründe; das Haus konnte nicht allein stehen, zumal man gar nicht überall schließen konnte."

Am Nachmittag des 23. April werden die Düsenjäger des Kampfgeschwaders 51 vom Typ Me 262 nach München-Riem überführt und einem neu gegründeten Jagdverband übergeben. Zurück bleiben lediglich flugunfähige Maschinen. Am Abend wird der stellvertretende Stalag-Kommandant Oberstleutnant Erich Wöhler zum Stadtkommandanten ernannt. Um 23 Uhr erhält Bürgermeister Dr. Heinrich Berndl im Rathaus einen Anruf vom Fliegerhorst. Der dortige Kommandant Major Hielscher meldet, dass ab sofort auf dem Flugplatz mit Sprengungen von Flugzeugen und jeglichem Material begonnen wird. (HG)

Da immer weitere Gerüchte über die vordringenden Alliierten jenseits der Iller eingehen, werden Sprengeinrichtungen an der Ferthofer Illerbrücke montiert. Am frühen Nachmittag kommt der Verkehr plötzlich zum Erliegen. Die Ferthofer werden von den deutschen Soldaten in ihre Häuser geschickt. Die Soldaten selbst gehen auf der Anhöhe über dem Ort in Stellung. Gegen 16.30 Uhr wird die Brücke gesprengt. Etwas später fahren amerikanische Panzerfahrzeuge auf der Aitracher Seite auf und stehen „kreuz und quer“ auf der gegenüberliegenden Wiese. Hier werden die Amerikaner plötzlich und unerwartet von der Anhöhe der bayerischen Ostseite beschossen. Es handelt sich vermutlich um Soldaten der SS, die tags zuvor von Aitrach kommend nach Ferthofen zogen und die Brückensprengung vorbereiteten. Im Feuergefecht gerät ein Stadel und eine Feldscheune in Brand, die ganze Nacht hindurch ist die Umgebung durch die Feuer hell erleuchtet. (HG)

Eine Ferthoferin: „Nachdem das Schießen begann, sprangen wir in unseren Keller. Da wurde es aber sehr unangenehm, weil es immerzu krachte, die Kugeln flogen hinüber und herüber. Als das Schießen aufhörte, lief alles aus dem Keller, die meisten in den Wald hinaus. Nachdem sich die Amerikaner wieder zurückgezogen hatten, herrschte wieder reges Leben im Ort“

Die Kreisleitung der NSDAP beginnt im Hof des „Bayerisches Hofes“ mit der Vernichtung aller Akten; dergleichen geschieht beim Finanzamt am St.-Josefskirchplatz. Textilfabriken verkaufen ihre Warenbestände; Lebensmittelbestände werden ausgegeben; der Reichsnährstand vernichtet Hitlerbilder und Abzeichen. Am Abend schießen US-Jagdflieger über Brunnen bei Volkratshofen ein kleines deutsches Flugzeug Typ „Bücker“ ab. Wegen der alliierten Flieger ist es schwer zur Absturzstelle zu gelangen. Die beiden Piloten kommen im lichterloh brennenden Wrack ums Leben. (HG)

Am Vormittag überfliegen 318 viermotorige englische Bomber des Typs „Lancaster“ in südlicher Richtung in Richtung Obersalzberg die Stadt Memmingen. Die Reichshauptstadt Berlin wird von der Roten Armee eingekesselt. US-Truppen und Rote Armee treffen sich bei Torgau an der Elbe; Deutschland ist somit geteilt. Im Norden der Stadt Memmingen gehen deutsche Einheiten auf der Linie Egelsee – Steinheim in Stellung, während der Rückzugsverkehr in Richtung Stadt voll im Gange ist. Ein durch die Stadt rasendes Fahrzeug überfährt und tötet einen 12 ½ Jahre alten Jungen. (HG)

Anny Schmid: „In banger Erwartung gingen am 25. April 1945 schon frühmorgens viele Bürger auf den Marktplatz, um sich endlich Gewißheit zu verschaffen. Man erfuhr nur, daß der Feind vor Kellmünz steht und für die Stadt die Lage immer noch kritisch ist. Deutlich hört man das Geschützfeuer der nahen Front. Immer noch war der Martinsturm von 2 Beobachtern, meist Polizei, Tag und Nacht besetzt.“

Bürgermeister Dr. Heinrich Berndl: "Der Truppenrückzug erfolgte über die Egelseer Brücke, die Ulmer Straße herein und zuerst über den Marktplatz, später aber, als der Zug zu stark wurde, auch noch über den Kuhberg nach Osten. Der Eindruck war sehr schlimm. Heruntergekommene Soldaten vielfach mit Mädchen, magere Pferde, wenige schlechte Kraftwagen, dazu aller erdenkliche Kram, sogar ein Kamel. Schwerste und leichte Artillerie, Panzer jeder Art und so weiter. Dieser große Strom der durchziehenden Wehrmacht stellte bei der ständigen Luftgefahr eine ungeheure Bedrohung unserer Stadt dar. Er ebbte am Dienstag, dem 24.4.1945, ab, erlosch aber erst am Donnerstag, dem 26.4., morgens."

Ernst Fink, Berkheim: „Am 22./23. April zogen die deutschen Truppen von Westen her auf der Flucht schnell in Richtung Alpen. Unser Fronmeister Willebold Batzenschlager erhielt am 24. April den Auftrag, die Panzersperren abzubauen. Beim Einmarsch der Amerikaner schoss ein deutscher Soldat auf die heranfahrenden amerikanischen Soldaten; einige seiner Kameraden ließen sich gefangen nehmen, andere flohen in den Wald und wurden dort gefangen genommen. Auf die breite Stoßstande der Panzerspähwagen gesetzt dienten sie bei der Einfahrt in die Dorfmitte als Schutzschilder. Ludwig Homanner kam mit einer weißen Fahne den Amerikanern entgegen. Beim Haus Breimaier wurden der Bürgermeister Sauter, der Ortspolizist und andere Parteimitglieder verhört, aber bald wieder freigelassen. Belgische Kriegsgefangene rannten den Amerikanern entgegen und brachten ihren bisherigen Wachmann auch gleich mit. An einer Birke am Bach wurden die beschlaggenommenen Waffen samt Munition vernichtet und ins Wasser geworfen. Um 15 Uhr fuhren die schweren Panzer nach Egelsee bis zur Illerkanalbrücke, die ein deutsches Sprengkommando in der Nacht zuvor gesprengt hatte. Durch das wagemutige Unschädlichmachen der Sprengladung hatte der Landwirt Leonhard Dreier die Kanalbrücke bei der Kapelle verhindert. Auch die Illerbrücke war noch intakt, da hier der beauftragte Soldat Hans Jaschke, der mit einem Mädchen in Egelsee befreundet war, beim Rückzug nach Bayern den Sprengbefehl ignorierte. Die gesprengte Illerkanalbrücke an der Bundesstraße vor Augen zogen sich die Amerikaner mit sämtlichen Panzern und Panzerspähwagen nach Berkheim zurück und bezogen gegen 18 Uhr Stellung westlich des Dorfes auf der Anhöhe Heidenbühl. Vorgesehen war nun ein Angriff auf Memmingen und den Flughafen. Einige Amerikaner, die auf einem Jeep in Egelsee geblieben waren, entdeckten dort die nicht gesprengte Brücke bei der Kapelle und die Illerbrücke. Somit war der Weg frei nach Memmingen. Wir Schulbuben sammelten auf dem Heidebühl am nächsten Tag die liegengebliebenen Tarnnetze von den Panzern ein und benutzten sie als Hängematte.“

Aus einem Bericht von Oberfeldwebel Georg Habdank (Stalag VII B Memmingen): "Noch bevor die amerikanischen Truppen anrückten, wurde der "Westerharter Hof" (bei Volkratshofen) als Ausweichlager für Straf-Kriegsgefangene in Anspruch genommen. Diese hatten sich von einem Straflager abgesetzt, hatten also mit Stalag VII B Memmingen nichts zu tun. Es waren 750 Mann, die in diesem Hof untergebracht werden mußten, 250 Engländer, 250 Franzosen und 250 Italiener, und es bestand große Befürchtung, dass diese große Truppe nach ihrer Auflösung zur Plünderung nach Memmingen eindringen könnte. Doch einen Tag bevor die Amerikaner ankamen, marschierten diese 750 Mann mit deutscher Wachmannschaft nach Süden weiter."

In den frühen Morgenstunden machen sich Einheiten der 10. amerikanischen Panzerdivision, der sogenannten „Löwendivision“, bereit, nach Memmingen vorzudringen. In Heimertingen kommt es zu Artilleriebeschuss aus den Wäldern bei Niederrieden und Steinheim; am Ende brennen im Dorf Heimertingen 14 Häuser, darunter auch der Pfarrhof. Auch bei Egelsee entwickelt sich ein Feuergefecht, bei dem zwei deutsche Soldaten sterben.

06:00 Uhr: Stadtkommandant Erich Wöhler informiert telefonisch Bürgermeister Dr. Heinrich Berndl im Rathaus, dass feindliche Panzer im Anrollen seien. Hierauf verhindert Berndl ein weiteres Verstärken der Panzersperren.

08.00 Uhr: Dr. Berndl erhält Besuch von Landrat Karl Wohlfahrt. Gleichzeitig geht die Meldung ein, dass Heimertingen von den Amerikanern erreicht und über die nur wenig zerstörte Brücke bei Egelsee Infanterie und leichte Panzer auf das östliche Illerufer gelangen.

08.30 Uhr: Polizeibeamte übergeben dem Bürgermeister ein langes gelbes Band bzw. eine Tasche, in der sich in einem einfachen blauen Umschlag ein Brief in Maschinenschrift befindet. Ein unbekannter Bürger hatte das Paket im Ried gefunden.

08.45 Uhr: Ein zweiter „Luftbrief“ mit der Aufschrift „An den Ortsgruppenleiter“ wird übergeben. Nach Zeugenaussagen wurde er von einem kleinen einmotorigen Flugzeug, welches über dem östlichen Stadtgebiet kreiste, abgeworfen. Aus dieser Kapitulationsaufforderung ergibt sich, dass in Heimertingen amerikanische, und nicht wie befürchtet französische Soldaten vorrücken. Währenddessen liefern sich deutsche und amerikanische Artillerie teilweise über die Stadt hinweg ein Feuergefecht.

09.00 Uhr: In Uniform erscheinen im Rathaus die Leiter der hiesigen Lazarette, Oberfeldarzt Dr. Sonntag und sein Stellvertreter Dr. Ludwig Kraemer. Wegen der vielen Verwundeten sprechen sich beide beim Stadtkommandanten Erich Wöhler für eine kampflose Übergabe der Stadt Memmingen aus, worauf Wöhler mit seinem Vorgesetzten, General Friebe in Friesenried, telefoniert.

09.35 Uhr: Es geht die Meldung ein, dass der Wald bei Eisenburg und Heimertingen inzwischen von den Amerikanern besetzt sei.

10.00 Uhr: Vertreter aus der Bürgerschaft (Kaufmann Gustav Schwarz, Elektromeister Emil Bäßler, Monteur Ludwig Kraus) setzen sich bei Bürgermeister und Stadtkommandant für eine Übergabe der Stadt ein. Es werden zwei englische Dolmetscher bestimmt sowie weiße Fahnen und zwei Pkws bereitgestellt.

10.50 Uhr: Bürgermeister Rabus aus Memmingerberg schildert telefonisch, dass einzelne deutsche Batterien rings um den Fliegerhorst in Stellung gegangen seien. Es gelingt, Polizeibeamte mit einem Motorrad nach Memmingerberg zu entsenden und eine teilweise Feuereinstellung zu erreichen. Weiterhin wird jedoch noch der Bereich jenseits der Iller bei Mooshausen beschossen.

11.30 Uhr: Bürgermeister Schütz aus Heimertingen erkundigt sich telefonisch, warum auf die Kapitulationsaufforderung der Amerikaner noch nicht geantwortet wurde. Er gibt an, dass er die Antwort schriftlich bis 13.00 Uhr übergeben müsse. Es wird vereinbart, sich auf einem Feldweg bei Egelsee zu treffen. Zusammen mit Dr. Ludwig Kraemer, Sonderführer Villinger (mit weißer Fahne auf dem Kotflügel des BMW sitzend) fährt Dr. Berndl in Richtung Steinheim ab. Gesteuert wird das Fahrzeug von Feuerwehrführer Simon Niggl. Auf der Fahrt werden Granateinschläge im Illerbereich sowie das Platzen weiterer Geschosse am Himmel festgestellt. Wenig später kehrt man mit dem Heimertinger Bürgermeister zurück in die Stadt, wo dieser dem Kommandanten berichtet, dass mindestens 40 amerikanische Panzer bei Steinheim stünden.

12.20 Uhr: Oberstleutnant Wöhler gibt den deutschen Truppen in der „Burg“ am Ulmer Tor den Befehl zum Abrücken. Wenig später kommt der Befehl durch General Friebe, die Stadt Memmingen zu räumen. Stadtkommandant Erich Wöhler tritt von seinem Amt zurück, wird von Dr. Berndl am Marktplatz verabschiedet und verlässt auf einem Fahrrad die Stadt in östlicher Richtung.

12:35 Uhr: Nach einer Stadtratssitzung wird im Rathaus eine von Dr. Kraemer aufgesetzte und von Gustav Schwarz gekürzte Kapitulationsurkunde durch Bürgermeister Dr. Berndl unterzeichnet.

12:49 Uhr Zwei PKW´s mit 6 Personen (lt. Schneider: im 1. Fahrzeug: Fahrer Niggl, Wirtschaftsprüfer Nertinger, Monteur Kraus, Sattlermeister Dreher jun. auf dem Kotflügel, im 2. Fahrzeug: Fahrer Schneider, Dr. Sonntag, Gustav Schwarz, Sonderführer Reinhold auf dem Kotflügel; weiterer Teilnehmer u.a. Bürgermeister Georg Schütz) fahren zunächst nach Egelsee und anschließend zum Teil weiter mit dem PKW des Heimertinger Bürgermeisters nach Heimertingen, um den Amerikanern die Nachricht von der kapitulationsbereiten Stadt Memmingen zu überbringen. Am Marktplatz spricht Dr. Berndl zu den Bürgern und lässt hierauf die Panzersperren im Stadtgebiet beseitigen.

13:14 Uhr In der Heimertinger Wirtschaft bzw. im Schloss Fellheim übergibt die Memminger Delegation die Kapitulationsurkunde. Anschließend kehren die Parlamentarier mit Ausnahme der uniformierten Dr. Sonntag und Niggl nach Memmingen zurück. Währenddessen fährt Bauunternehmer Hebel zu den in Ottobeuren stationierten Wehrmachtseinheiten, um sie zum Rückzug zu bewegen. Am Dickenreiser Wald bemühen sich Dr. Josef Mulzer und Otto Pfeiffer erfolgreich um den Abzug einer dorthin verlegten Flak-Einheit.

14.00 Uhr: Dr. Berndl fährt mit seinem kleinen Stadtwagen zum Bismarckturm, um die Räumung der Panzersperre zu veranlassen. Erst mit Hinweis auf den Befehl des Generals Friebe geht die mit Maschinengewehr sichernde Truppe daran, die Sperre zu beseitigen. Auf dem Martinsturm, am Ulmer Tor und am Rathaus werden weiße Fahnen gehisst. Anschließend fahren zwei PKW´s u.a. mit Bürgermeister Dr. Berndl, Gustav Schwarz, Nertinger, Schneider, Dr. Mulzer und Kraus (mit weißer Fahne) zum Grenzhof, wohin auch Hebel hinzukommt.

15.00 Uhr: Von der Nebenstraße in Amendingen (heute Untere Straße) kommt „starkes Getöse“. Ein amerikanischer Panzer fährt vorsichtig heran, setzt jedoch beim Erkennen der Abordnung und der weißen Fahne wieder zurück. Wenig später berichtet Gutsbesitzer Adolf Stetter aus der Neuen Welt, dass durch Schüsse eines Maschinengewehres Otto Stetter tödlich und seine Frau schwer verletzt worden seien.

15.45 Uhr: Die ersten amerikanischen Sherman-Panzer rücken in Richtung Ulmer Straße vor --mit Dr. Sonntag und Feuerwehrkommandant Niggl auf den Außenkanten des ersten Panzers.

16:15 Uhr Das Ulmer Tor wird passiert. Zum Einmarsch in die Stadt müssen Bürgermeister Dr. Berndl, Dr. Sonntag und Niggl vorangehen. Hinter weiteren Zivilisten folgen amerikanische Soldaten mit schussbereiten Waffen im Anschlag. Die Ulmer Straße ist menschenleer; wenig später wird der Marktplatz erreicht. Die lange Kolonne fährt durch Stadt hindurch, wird an der Schrannenbrücke von Zwangsarbeitern begrüßt. Wenig später wird das Gefangenenlager am Hühnerberg, wo 3936 alliierte Kriegsgefangene (darunter 414 Franzosen, 506 Amerikaner, 625 Russen und 772 Engländer) untergebracht waren, befreit. (HG/CE)

Aus einem Bericht des Augenarztes Dr. Josef Mulzer: „Am 26. April wurde es kritisch. Es war bekannt geworden, daß die Amerikaner zwischen Steinheim und Memmingen stünden und daß eine Übergabe-Abordnung, bestehend aus dem Oberbürgermeister Dr. Berndl. und einigen Herren, darunter auch meinem Bruder Dr. Albert Mulzer als Chefarzt des Stadtkrankenhauses, den Amerikanern entgegenfahren sollten. Die Stadt sollte unter allen Umständen kampflos übergeben werden; denn es lagen an die 4000 verwundete Soldaten in der Stadt. Natürlich war uns daran gelegen, daß die Stadt nicht noch mehr zerstört würde als bei dem schweren Luftangriff auf Memmingen 6 Tage vorher […] Entgegen der Bestrebungen einiger verbliebener Nazi-Fanatiker waren an einzelnen Häusern weiße Tücher aus den Fenstern gehängt worden. Ich fuhr zwischen 9 und 10 Uhr mit dem Fahrrad über den Marktplatz, der voll war von diskutierenden und gestikulierenden Menschen, die die kampflose Übergabe der Stadt forderten. Dazwischen einige (Heimat-)SS-Leute, die versuchten, dies zu verhindern, was angesichts der Gesamtsituation sinnlos und unbegreiflich war. […] Es kann und darf nicht unerwähnt blieben, welch einmalige und ungewöhnliche Empfindungen uns überkamen, als wir die weißen Fahnen schließlich auch an Memmingens Türmen sahen!“

Aus dem Erlebnisbericht von Gustav Schwarz (seit 1937 „Beirat des Stadtrats für Stadtbild, Museum, Archiv, Türme und Tore“): „Der 26. April 45 brach an. Stundenlang hörte man Artilleriefeuer im Norden. […] Der Bürgermeister von Heimertingen kam auf das Memminger Rathaus und überbrachte die Aufforderung der Amerikaner, Memmingen zu übergeben. Aber bald hörte man, daß die Kapitulation bis 13 Uhr bei den Amerikanern sein müsse. Alles das raunte sich das auf dem Marktplatz in banger Sorge harrende Volk zu, auch, daß man auf dem Rathaus noch zu keinem Ergebnis gekommen sei. Dort war die Befehlsstelle de Stadtkommandanten Oberstleutnant Wöhler. Die Stunden vergingen ohne eine Entscheidung, es war vormittags 10 Uhr geworden. Was bis dahin auf dem Rathaus geschah, wäre zu klären, auch die Tätigkeit des Bürgermeisters von Heimertingen. Ich glaube er hat große Verdienste. Angesichts der Lage entschloß ich mich, „irgend etwas zu tun“ […]. Ich ging daher zu meinem Freund, dem Elektromeister Emil Bäßler, […] und fand auf dem „Großen Markt“ den Elektromonteur Ludwig Krauß. Seine Parteizugehörigkeit kannte ich nicht, wußte auch nicht, daß er bewaffnet war. Zu den beiden sagte ich: „Auf dem Rathaus geht es scheint´s nicht vorwärts; kommt, wir gehen hinauf und helfen dem Bürgermeister!“ – Ich ging voraus, die beiden andern folgten mir, auf dem Treppenhaus standen der SS-Höh [Memminger SS-Offizier Peter Höh] und einige Parteileute. Wohin wir wollten, fragte der SS-Höh. „Zum Bürgermeister; das werdet Ihr schon sehen.“ Ich schob die Leute beiseite und sprang die Treppe hinauf. Das Vorzimmer durchschreitend, klopfte ich am Bürgermeisterzimmer kurz an und trat, ohne das Herein abzuwarten, in das Zimmer, die beiden anderen folgten. Ich trat auf den Stadtkommandanten Oberstleutnant Wöhler zu und stellte mich als „Denkmalpfleger“ vor; ihm meinen Regierungsausweis zeigend, sagte ich ihm wörtlich: „Herr Oberstleutnant, als der von der Regierung bestellte Denkmalspfleger und Vertrauensmann des Landesamts für Denkmalpflege muß ich Sie bitten, unter allen Umständen von einer Verteidigung der Stadt, die ihre Zerstörung zwangsläufig zur Folge hätte, abzusehen. Die wenigen gotischen Städte, die wir noch haben, sollen nach dem Willen der Regierung erhalten bleiben.“ Er antwortete: „Die Zerstörung von Memmingen will ich ja auch nicht, aber ich habe vom General noch nicht die Genehmigung zur Übergabe. Ich erwiderte, es sei jetzt die Stunde der Entscheidung, der Übergabe da. Emil Bäßler sagte dazu: „Die Einwohnerschaft will jetzt wissen, woran sie ist, sie würde sonst rebellisch.“ Das scheint zuviel gewesen zu sein, denn darauf konterte man, wir möchten bedenken, „daß es noch Standgerichte gäbe […]."

Beachhead News vom 27.4.1945 (übersetzt vom II. Bürgermeister Rommel 1947): "Memmingen ergibt sich der 10. Panzerdivision. Die Stadt Memmingen, 50 km südlich von Ulm, wurde gestern durch ihren Bürgermeister der 10. Panzerdivision übergeben. Von Süden längs des Illerflusses auf der großen Chaussee Ulm-Memmingen vorstoßend, hat sich eine Einheit der Tigerdivision ihren Weg erkämpft. Stadt um Stadt einnehmend, in Richtung auf Memmingen. Bei ihrer Annäherung indessen versteifte sich der deutsche Widerstand und war dargestellt durch schwere Waffen, Panzerabwehr und direkten Artilleriebeschuss. Ein kleines Flugzeug startete gegen Mittag um eine Mitteilung an den Bürgermeister abzuwerfen, ein Ultimatum mit der Feststellung, daß die Stadt zerstört werden würde, wenn sie sich nicht sofort übergebe. Kurz darauf wurden die Verhandlungen begonnen und um 4.15 Uhr nachmittags wurde die Stadt in aller Form an die Amerikaner übergeben. Man nahm an, daß eine Gruppe von P-47s die bedrohlich über der Stadt kreisten, den Bürgermeister halfen, seinen Entschluß zu fassen.""

Aus dem Bericht von Oberfeldwebel Georg Habdank über die Befreiung des Stalag VII B Memmingen: "Das Eintreffen der amerikanischen Truppen im Stalag war für den Nachmittag angesagt. Ein Oberfeldwebel (Habdank) und 2 Unteroffiziere (Kraus und Eggenberger) waren auf die Straße vor dem Stalag kommandiert, um bei Eintreffen der Amerikaner die Bereitschaft der Übergabe des Stalag zu melden. Zu dieser Zeit war der Rest der noch vorhandenen Offiziere und Sonderführer Z im Offiziers-Kasino versammelt und erwartete das Eintreffen der Amerikaner. Zu dieser Stunde war Hauptmann Hahn Stalagkommandant, nachdem Oberstleutnant Wöhler die Funktion des Stadtkommandanten von Memmingen ausübte. Kurz vor 17 Uhr war das Anrollen von Panzerfahrzeugen in der Bismarckstraße zu erkennen. Die im Lager anwesenden Kriegsgefangenen waren bereits auf die Dächer ihrer Unterkunftsbaracken gestiegen und brachen beim Anblick ihrer anrollenden Befreier in großen Jubel aus und stürmten dem unteren Lager zu und ihren Befreiern entgegen. [...] Der Führungsoffizier sprang nun vom ersten Panzerfahrzeug ab und ging auf den Oberfeldwebel zu. Dieser machte an ihn Meldung zur Bereitschaft der Übergabe des Stalag, doch ohne auf diese Meldung zu achten, ergriff dieser amerikanische Offizier das Koppel des Meldenden, riß es ihm vom Leibe und warf es mit der Pistole an den Strassenrand. Inzwischen waren auch die Offiziere vom Stalag auf die Strasse geeilt, voraus Hauptmann Hahn. Der amerikanische Offizier ging nun sofort auf Hauptmann Hahn zu, um auch diesem sein Koppel mit Pistole abzureissen. Dessen Reaktion, sich einer solchen Behandlung zu widersetzen, hielt nicht lange an, nachdem der amerikanische Offizier entsprechende Bemerkungen gemacht hatte, und so warfen alle Offiziere vom Stalag ihre Pistolen auf einen Haufen. Alle Kriegsgefangenen, die inzwischen vom oberen Lager eingetroffen waren, hatten nun die Einheit der Stalagangehörigen umringt, und es war ein ungutes Gefühl, sich innerhalb dieser Einfassung zu befinden. Nun sprang der amerikanische Führungsoffizier auf das erste Panzerfahrzeug, feuerte einen Schuß in die Luft, erklärte die Kriegsgefangenen als befreit und die Angehörigen des bisherigen Stalag als kriegsgefangen. Von Seiten der Befreiten brach tosender Jubel aus. Dann wurde die amerikanische Flagge am Mast hochgezogen. Bereits am Morgen des 26. April war die weiße Flagge gehißt, sie mußte jedoch auf Veranlassung eines SS-Offiziers, dessen Einheit an der Iller lag, gegen die Hakenkreuzflagge ausgetauscht werden. Bis zum Eintreffen der amerikanischen Truppen war jedoch der Wechsel zur weißen Flagge erneut vollzogen worden."

Der Rückzug der Wehrmacht erfolgt nach Osten in Richtung Mindelheim, nach Süden in Richtung Kempten oder an der Iller entlang über Kardorf in Richtung Lautrach. Nochmals wird die Lage in Ferthofen kritisch, als auf der gegenüberliegenden Illerseite erneut alliierte Panzer auffahren. Diesmal handelt es sich aber um französische Truppen, die ihren zugewiesenen Besatzungsbereich beziehen. Da auch noch amerikanische Truppen in Ferthofen und Volkratshofen lagern, stehen sich die Soldaten der zukünftigen Besatzungszonen erstmals, sich gegenseitig mit Ferngläsern beobachtend gegenüber. Die gesprengte Illerbrücke bleibt zunächst provisorisch im Flussbett liegen. Einige Zeit ist es noch möglich, sich auf den Brückenresten auf die jeweils andere Seite zu hangeln. Als das erste Illerhochwasser dies nicht mehr ermöglicht, wird ein Fährdienst eingerichtet. (HG)

Das Rathaus wird zu einem Sitz der US-amerikanischen Besatzung, wo der ehemalige Arzt des Kriegsgefangenenlagers Stalag VIIB vernommen wird; bereits nach 10 Tagen Haft darf er wieder in seine Münchner Praxis zurückkehren. Weitere Dienststellen der Militärregierung entstehen im Landratsamt an der Herrenstraße und im Amtsgericht an der Buxacher Straße. (CE)

Aus dem Bericht des Oberfeldwebels Georg Habdank vom Stalag VII B Memmingen zum 27. April 1945: "Schon in der vergangenen Nacht war Lärm und Bewegung zu hören, und als der Tag durch die Fenster kam, wurde zum Schrecken aller, besonders der in Memmingen Beheimateten, erkannt, dass eine Welle von Plünderungen über Memmingen gekommen sein mußte, denn mit allen möglichen Fahrzeugen, vom Kinderwagen bis zum Schubkarren, bewegten sich Ungezählte, vollbeladen von der Stadt her, in Richtung Stalag. Während des Tages kamen auch die ersten Arbeitskommandos aus den umliegenden Ortschaften aus der Kriegsgefangenschaft zurück in ihr vorheriges Stammlager."

Wie bereits am Vortag, wird im Rathaus erneut Bürgermeister Dr. Heinrich Berndl von einem amerikanischen Offizier verhört. Überall in der Stadt lagern amerikanische Soldaten. (CE)

Anny Schmid: „Verängstigt und scheu gingen die Menschen ihrer Arbeit nach, um Milch, Brot und sonstiges zu holen. Um 9 Uhr mußten alle ohne Passierschein zu Hause sein. Dauernd fahren Jeeps mit aufgebautem Maschinengewehr schußbereit durch die Straßen. An jeder Ecke stehen schwerbewaffnete Amerikaner, sie fühlten sich vor dem „Werwolf“ nicht sicher. Eine vor mir gehende Frau hat einen entgegenkommenden amerikanischen Offizier erschreckt mit „Heil Hitler“ gegrüßt, der Offizier aber lächelte, denn er erkannte ihre große Angst. […] Interessant, zugleich aber auch deprimierend war während der Sperrzeit der Blick vom ersten Stock bei geschlossenem Fenster auf die Straße. Dauernd fuhren die Militärfahrzeuge, alle mit MG bestückt, durch die Straßen, dazwischen Lastwagen mit schönem Mobiliar aus guten Wohnungen, wie Perserteppiche, Clubmöbel, Betten und Lampen aller Art, durch die Schwesterstraße. Wohnungen und Clubräume der Besatzungsmacht wurden damit eingerichtet, nachdem man diese beschlagnahmt hatte.“

Während an der Fassade des Rathauses die Flaggen der USA, Großbritanniens und Frankreichs gehisst werden, explodiert an der Herrenstraße im bisherigen Verwaltungsgebäude der Hitlerjugend Sprengstoff, der dort wenige Tage zuvor für die Stadtverteidigung eingelagert worden war. (CE)

Anny Schmid: „Es regnet. Am Rathaus hängen 3 Fahnen, die amerikanische, französische und die englische. Viel Militär in der Nähe vom Rathaus und auch Fahrzeuge. Ein ungewohntes Bild. Der Sonntagsgottesdienst ist sehr gut besucht. Menschen aus aller Herren Länder sind vertreten. Mit tiefem Ernst ist man beim Gebet. Die Menschen sind voller Sorgen. [...] Es ist schlimm, ohne Post, ohne Telefon, ohne Bahn, ohne Fahrzeug, ohne Zeitung zu sein. Nur das Radio war uns geblieben, das nur spärlich aus München Sendungen und Berichte brachte. Man hatte das dringende Bedürfnis, seinen Angehörigen ein Lebenszeichen zu geben. Ob die noch alle leben? Die Bombenangriffe auf die unbesetzten Gebiete gingen noch weiter. Wie lange dauert es noch?“

Aus dem Bericht des Oberfeldwebels Georg Habdank vom Stalag VII B Memmingen zum 29. April 1945: "Es ist Sonntagmorgen. Große Lastwagen mit schwarzer Begleitmannschaft fahren vor dem Gefängnis auf. Es erfolgte sofortige Verladung der Stalagangehörigen [bisherigen Wachmannschaften] und Abfahrt mit fremdem Ziel durch die Kalchstrasse, Ulmerstrasse und durchs Ulmer Tor hinaus in Richtung Ulm. Noch bestand Hoffnung in ein Lager zur Entlassung zu kommen, denn am Vorabend hatte ein amerikanischer Offizier im Gefängnishof erklärt: Stalag VII B habe einen guten Namen gehabt, es erfolge deshalb Überstellung in ein Lager zur Entlassung, was sich dann später allerdings als unwahr herausstellte."

Befehl der US-Militärregierung vom 29. April 1945: "1. Alle Personenwagen, Lastkraftwagen, Motorräder, Anhänger, Mäntel, Schläuche, Batterien und Auto-Zubehör müssen im Feuerhaus Nummer 40 des Stadtplans eingestellt werden. 2. Zuverlässige Polizeibewachung muß am Eingang und wo immer nötig aufgestellt werden. 3. Das Tod ist zu reparieren; ein passendes Schloss ist zu beschaffen. 4. Ein Register ist aufzustellen, das den Eigentümer, seine Adresse, die Herkunft des Fahrzeugs, Model, Jahrgang zeigt; außerdem, was an den Fahrzeugen fehlt, wie Batterien, Schläuche u.s.w. 5. Zubehör, das getrennt von den Fahrzeugen ist, ist ebenfalls listenmäßig zu verzeichnen. 6. Die Fahrzeuge sind am Eingang ordentlich aufzustellen; die Lastwagen auf der einen, die Personenwagen auf der anderen Seite. 7. Hiermit muß sofort begonnen werden, innerhalb einer Stunde nach Empfang."

Aus dem befreiten Kriegsgefangenenlager am Hühnerberg werden nach und nach die Kriegsgefangenen in ihre Heimat zurückgebracht. Mit der Ausstellung von Passierscheinen beginnt der Dienstbetrieb im Rathaus; am Nachmittag bespricht Bürgermeister Dr. Heinrich Berndl mit den Amtsvorständen der Stadtverwaltung die allgemeine Lage. (CE)

Bürgermeister Dr. Heinrich Berndl: "Zum Fliegerhorst sind 150 Leute abzuordnen, die das zerstörte Rollfeld in Ordnung bringen sollen. Man will die gefangenen Amerikaner mit Flugzeug möglichst schnell in ihre Heimat verbringen. Tagsdarauf zeigte sich aber nur eine Notwendigkeit für 35 Arbeitskräfte, da Memmingen nicht als Hauptflugplatz, sondern nur als Nebenflugplatz erklärt ist. Im Übrigen bereitet die Stellung von Arbeitskräften große Schwierigkeiten, weil niemand Arbeitslust und Geneigtheit zeigt. Die zahlreichen Bauarbeiter aus der Umgebung von Memmingen können angesichts der Schranken, zur Überschreitung der Stadtgrenzen Paß zu haben, nicht hereinkommen, so daß in außerordentlich zögernder Weise sich die Arbeiten erledigen lassen."

Emma Natterer: „Nach meiner Tätigkeit bei der Sparkasse wurde mir ein Posten in der Passierscheinstelle der Stadtverwaltung angeboten. Dort mußten Passierscheine vom Deutschen ins Englische übersetzt werden. Das war eine Notwendigkeit; denn Württemberg war damals von französischen Soldaten besetzt, während Memmingen amerikanisches Besatzungsgebiet war. Wer über die Iller in das benachbarte Land wollte, kam nur mit einem gültigen Ausweispapier hinüber. Nachdem die Passierscheine übersetzt waren, mußten sie zum Amtsgericht gebracht werden, wo der Sitz der amerikanischen Militärregierung war. So oft ich hinauskam, bot sich mir derselbe Anblick, der mit militärischer Disziplin absolut nichts zu tun hatte. Die Beine der Herren Offiziere waren nie auf dem Fußboden, sondern immer auf dem Schreibtisch. Das änderte sich auch nicht, nachdem jemand das Zimmer betreten hatte.“

Pfarrer Karl Katzenschwanz in der Amendinger Pfarr-Chronik: "Seit Freitag rollen ununterbrochen Panzer und Lkw durch, halten sich hier ein bis zwei Tage auf und fahren weiter. Viele Leute müssen aus ihren Häusern und bei Nachbarn schlafen. Die Amis machen es sich in Stuben und Küchen bequem, requirieren Lebensmittel und anderes, wie es eben bei Soldaten der Fall ist. Es gibt sehr anständige Leute unter ihnen, einige waren am Sonntag auch in der Abendandacht, mitten unter dem Volk. Im allgemeinen ist bis jetzt nichts Schlimmes bekannt geworden. In der Stadt wurde in den letzten Tagen furchtbar geplündert durch die vielen Fremdarbeiter und losgelassenen Gefangenen. Der Wein floß in Strömen, viele waren berauscht. Es kamen zahlreiche Exzesse vor (Schändungen von Frauen)."

Die Kosten zur Errichtung und Versorgung eines Lagers in Memmingerberg für Tausende Ausländer und Zwangsverschleppte muss die Stadt begleichen. Die Nachricht vom Tod Adolf Hitlers (am 30. April) erreicht Memmingen. (CE)

Wehrmachtssoldat Max Ziegelbauer zu seiner Rückkehr am 1. Mai 1945 nach Memmingen: „Je mehr ich in die Stadt hineingelangte, desto mehr Menschen bevölkerten die Straßen. Am Kalchtor war ein Verkehr, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. Panzer und Jeeps der Besatzungsarmee schoben sich voran, und die Einheimischen wollten die karg bemessene Ausgangszeit nutzen, um die wichtigsten Besorgungen zu erledigen. Bald nach dem Bahnhofsplatz bog ich in die Schwesterstraße ein. Ich hatte das Gefühl, daß mich weder jemand erkannte noch beobachtete, am wenigsten die Amerikaner. Vor dem Bäcker Schütz, Ecke Schwesterstraße-Gerberplatz, wartete eine Menschenschlange. Bereits um 16:15 Uhr war ich daheim. „Der Krieg ist für mich aus“, dachte ich, im Landserjargon der letzten Kriegstage, wenig ahnend, welche unsäglichen Gefangenenschicksale Deutsche noch Jahre danach zu ertragen hatten. Wegen der Ausgangssperre war die Maiandacht bereits auf 17 Uhr angesetzt.“

Funkspruch aus dem Führerhauptquartier an Großadmiral Dönitz vom 30. April 1945: "Anstelle des bisherigen Reichsmarschalls Göring setzte der Führer Sie, Herr Großadmiral, als seinen Nachfolger ein. Schriftliche Vollmacht unterwegs. Ab sofort sollen Sie sämtliche Maßnahmen verfügen, die sich aus der gegenwärtigen Lage ergeben. Bormann."

Funkspruch ins Führerhauptquartier vom 1. Mai 1945: "Mein Führer, meine Treue zu Ihnen wird unabdingbar sein. Ich werde daher weiter alle Versuche unternehmen, um Sie in Berlin zu entsetzen. Wenn das Schicksal mich dennoch zwingt, als der von Ihnen bestimmte Nachfolger das Deutsche Reich zu führen, werde ich diesen Krieg so zu Ende führen, wie es der einmalige Heldenkampf des deutschen Volkes verlangt. Großadmiral Dönitz."

Bürgermeister Dr. Heinrich Berndl: "Völlig ruhig und unbeteiligt wird in dem allgemeinen Trubel die Nachricht vom Tode des Führers [am 30. April] und von Dr. Goebbels [am 1. Mai] aufgenommen."

Aus Ottobeuren treffen 240 Leute mit 4 Ingenieuren der Firma Opel Rüsselsheim in Memmingen ein und werden 10 Tage lang im Schiffsaal untergebracht. Woher die Arbeiter stammten und wohin sie anschließend gebracht wurden, ist unbekannt; seit 1942 waren Rüsselsheim und die dortigen Opelwerke mehrfach durch alliierte Fliegerangriffe schwer getroffen worden. (CE)

Bürgermeister Dr. Berndl.: „Von der Auto-Firma Opel Rüsselsheim sollen die im Fliegerhorst bisher untergebrachten 4 Ingenieure mit 240 Leuten auf 10-14 Tage hier untergebracht werden und zwar im großen Schiffsaal in Gemeinschaftsverpflegung. Alsdann soll Rücktransport in die Heimat erfolgen. Dies wird vollzogen. In dem man darnach trachtet, für sämtliche Kriegegefangene ein Lager zu errichten und dies wenn möglich im Fliegerhorst zu ermöglichen.“

Am Vormittag übernimmt US-Kommandant Major Wolters das Amtszimmer des Bürgermeisters im Rathaus. Unbekannte erbeuten 99.000 Reichsmark in der Volksbank; aus dem Öllager von Rhenanie Ossag werden 12.000 Liter Rohöl gestohlen. Geplündert werden auch die Bahnhofswirtschaft und verschiedene Privatwohnungen. Die Memminger Stadtpolizei nimmt ihre Arbeit wieder auf. (CE)

Aus dem Wachbuch der Stadtpolizei (03.05.-08.05.1945):
Nr. 01 (03.05.) Bankraub in der Volksbank
Nr. 02 (04.05.) Plünderung im Haus der deutschen Frau
Nr. 03 (04.05.) Streit wegen Plünderung
Nr. 04 (04.05.) Sicherstellung von Waffen und Sprengstoffen in HJ-Unterkünften
Nr. 05 (04.05.) Erhebung von Rauchwarenbeständen
Nr. 06 (04.05.) Plünderung im ehemaligen HJ-Heim
Nr. 07 (05.05.) Ablieferung von Hakenkreuz-Flaggen
Nr. 08 (05.05.) Läuten von Kirchenglocken
Nr. 09 (05.05.) Waffenablieferung
Nr. 10 (06.05.) Ablieferung von geplündertem Heeresgut
Nr. 11 (06.05.) Ablieferung von geplündertem Heeresgut
Nr. 12 (06.05.) Mord in der Kempterstraße
Nr. 13 (06.05.) Bergung der Leiche eines Soldaten
Nr. 14 (06.05.) Feststellung von Ölen
Nr. 15 (06.05.) Ablieferung
Nr. 16 (06.05.) Fund einer weiblichen Leiche
Nr. 17 (07.05.) Zuwendung einer landwirtschaftlichen Zugmaschine
Nr. 18 (07.05.) Festnahme eines Dänen
Nr. 19 (07.05.) Ablieferung eines goldenen Parteiabzeichens
Nr. 20 (08.05.) Festnahme
Nr. 21 (08.05.) Betreten eines Betriebes
Nr. 22 (08.05.) Aushändigung von Ausweispapieren

Aus dem Lagebericht des Oberkommandos der Wehrmacht vom 3. Mai 1945: "In Bayern wurden unsere zusammengeschmolzenen Kräfte von den Amerikanern auf den Inn zurückgedrängt. Die Verteidiger von München sind [am 30. April] der feindlichen Übermacht erlegen. [...] Am Bodensee sind Straßenkämpfe in Bregenz im Gange."

Nach und nach werden im Stadtgebiet befreite Häftlinge aus Konzentrationslagern registriert, betreut und in leerstehenden oder beschlagnahmten Wohnungen untergebracht. In Memmingen bildet sich eine Jewish Community mit Geschäftsstelle / Treffpunkt in der Laupheimer-Villa (Moltkestraße 1) / im Wirtshaus zum Roten Ochsen (Kramerstraße 37). Ihr gehören bis zur Auswanderung in die USA oder nach Israel ab 1948 etwa 300 Personen an. Im Rathaus untersucht die Memminger Stadtpolizei unter Aufsicht der US-Militärregierung die Plünderung des "Hauses der deutschen Frau" in der Ulmer Straße. (CE)

Bürgermeister Dr. Berndl.: „Der Andrang im Rathaus ist sehr stark. Große Mengen von KZ-Sträflingen und Russen, sowie sonstige Ausländer wollen von uns eingekleidet, mit Geld und Lebensmittelkarten versehen sein. Da sie nach Weisung der Militär-Regierung hier einzukleiden und zu versorgen sind, bekommen wir einen ganz außerordentlichen Zudrang von allen Seiten hieher.“

Häuser und Wohnungen in Memmingen, in denen von 1945 bis 1948 jüdische Männer, Frauen und Kinder aus Konzentrations- und Vernichtungslagern untergebracht wurden: Allgäuer Straße 17 und 41, Alpenstraße 20, An der Kaserne 8, 15, 18 und 20, Antonitergasse 16, Auf der Nudelburg 15, Bahnhofstraße 8 und 12, Baumschulweg 15, Bessererstraße 5, 8 und 12, Bismarckstraße 34, Bodenseestraße 10 und 12, Brückengasse 1, Buxacher Straße 6, 26, 43 und 48, Buxheimer Straße 5, Crusiusstraße 3, 10, 11, 14 und 22, Donaustraße 27 und 29, Dickenreiser Weg 2 und 4, Eduard-Flach-Str. 13 1/4, Gabelsberger Straße 12, Gerberplatz 8, Habsburger Straße 3, Hallhof 9, Hintere Gerbergasse 12, Hirschgasse 6, Hohenstaufenstr. 10 und 11, Hohenzollernstr. 1 und 6, Hopfenstraße 19 und 51, Illerstraße 31, Im Klösterle 12, Innerer Nordweg 3 und 8, Kaisergraben 9 ½ und 15, Kalchstraße 16, 19, 21, 38 und 47, Kanalstraße 5 und 7, Kempter Straße 8, 23 und 31, Köberlestraße 2, 5, 6 und 8, Königsgraben 13, 19 und 43, Kramerstraße 11, 29, 33 und 37, Krautstraße 8, Kreuzstraße 1, Kuttelgasse 16, Lammgasse 10, Lindauer Straße 1, 6, 10, 14 und 16, Lindenbadstraße 14, 25, 27 und 29, Lueg ins Land 1, Marktplatz 8 und 12, Maximilianstraße 24, Moltkestraße 1, 3, 5, 8, 10 und 16, Neue Welt 2, Obere Bachgasse 4, Pulvermühlstraße 11, Prinzingstraße 4, Rennweg 5, Rheineckstraße 29, Riedbachstraße Lager Hebel, Riedbachstraße 20, Roter Gasse 2, Salzstraße 2 und 10, Schlachthausgasse 4, Schlachthofstraße 6, Schweizerberg 7 und 17, Schwesterstraße 25, Sedanstraße 2, Seyfriedstraße 4 und 15, Spiehlerweg 6, Stadtweiherstr. 16, 22, 26 ½, 27 ½, 38 und 52, Tummelplatz 3, Tummelplatzweg 5, Ulmer Straße 6 und 10, Vordere Gerbergasse 5, Wachterstraße 16, Wagnerstraße 1, Weberstraße 6 und 21, Welfenstraße 1 und 6, Zangmeisterstraße 5 und 24, Zeppelinstraße 7, Zollergraben 3, Zwinggasse 7

Ab sofort besteht laut "Military Governmeng Germany. Supreme Commander´s Area of Control" eine Ausgangsbeschränkung von 19:00 bis 6:00 Uhr. Gespräche mit den Gebrüdern Feiner zur Herausgabe einer Zeitung bleiben wegen des Widerspruchs des amerikanischen Stadtkommandeurs erfolglos. (CE)

Anordnung der Militärregierung vom 5. Mai 1945 an den Bürgermeister von Memmingen: "1) Mit heutiger Wirkung wird die Ausgangsbeschränkung von 19 Uhr bis 6 Uhr morgens sein. Beschaffen Sie sich die nötigen Anschläge von Major Howard heute morgen um 8 Uhr. 2) Pässe betr. Zeiten zwischen 6 und 19 Uhr sind nicht mehr notwendig; sie müssen eingerufen und abgerechnet werden. 3) Blaue Armbinden für städtische Angestelle sind während dieser Stunden nicht mehr notwendig; sie müssen eingerufen und abgerechnet werden. 4) Personen, deren Arbeit für Stadt und Kreis lebensnotwendig ist und welche vor 6 Uhr und nach 7 unterwegs sein müssen, müssen sich den vorgeschriebenen Paß in der üblichen Weise beschaffen. Bereits ausgegebene Pässe, sofern nicht abgelaufen, sind gültig und brauchen nicht erneuert zu werden. 5) Arbeiter in Stadt und Land, die lebenswichtig sind und nach 19 und vor 6 Uhr unterwegs sein müssen, werden die blaue Binde und den vorgeschriebenen Paß mit sich führen. 6) Die Ausgehbeschränkung muß strengstens erzwungen werden. Polizisten, welche dagegen verstoßende deutsche Zivilisten nicht verhaften, werden als pflichtvergessen betrachtet und streng bestraft werden. (gez.) Major Eugene P. Walters."

Bürgermeister Dr. Heinrich Berndl: "Seit dem Einzug der Amerikaner erschien keine Zeitung mehr. In diesen Tagen begannen die Verhandlungen im Rathaus mit den Gebrüdern Feiner über das Erscheinen einer neuen Zeitung, an die die Stadt aber beteiligt sein sollte. Der amerikanische Kommandeur widersprach diesem Vorhaben, so daß es unterbleiben mußte."

Aus dem Lazarett in der Elsbethenschule werden 21 SS-Leute ins Gefängnis überführt. Die Feuerwehr erhält ihre bisher beschlagnahmten Feuergeräte wieder zurück; noch viele Jahre leistet ein Dodge aus amerikanischen Fahrzeugbeständen Dienste für die Memminger Feuerwehr. (CE)

Aus dem Tagebuch des Gymnasiallehrers Hans Weis zum 6. Mai 1945: „Was geht denn da wieder vor auf der Straße: Eine russische Beerdigung! Die Leidtragenden gehen nicht der Reihe nach, sondern bilden einen Haufen um die Tote herum, die offen im Sarg liegt. Lieblich scheint die Maiensonne auf den braunen Wuschelkopf der Leiche. Gleich darauf folgt das deutsche Gegenstück: Der häßliche schwarze Kasten.“

Im Büro des Memminger Bürgermeisters stellt sich der bisherige NS-Kreisleiter Wilhelm Schwarz; er wird von zwei US-Offizieren, die Dr. Heinrich Berndl als "Juden, aber sehr nett und gefällig" beschreibt, abgeführt. Am gleichen Tag liefert der überzeugte Nationalsozialist und Antisemit Heinrich Samper bei der Stadtpolizei im Rathaus sein "Goldenes Parteiabzeichen" ab. Einige Wochen später wird im Stadttheater Memmingen bei "Aufräumungsarbeiten" eine Hitlerbüste und eine Fahne gefunden; dazu vermerkt Dr. Berndl: "Die Büste wurde Herrn Oberstleutnant Walters übergeben; die Fahne zu Putzzwecken verwendet". Am 7. Mai will sich Memmingens Bürgermeister mit einem ermutigenden Aufruf und einem Appell um Ruhe und Ordnung an die Bürgerschaft wenden; die Militärregierung streicht hierin die Bezüge zum "Schicksal unseres Volkes" und bemerkt vor allem, dass die gegebenen Befehle (Sperrzeiten, Ausgangsbeschränkungen, Bekanntmachungen usw). einzuhalten, die Hauptstraßen freizuhalten und die Straßen vor den Häusern zu säubern sind. (CE)

Bürgermeister Dr. Heinrich Berndl: „Morgens 7:10 Uhr als ich zum Rathaus komme, steht Kreisleiter Schwarz vor dem Tor, da er nicht eingelassen wurde. Er betritt mit mir das Rathaus und bleibt in meinem Büro, um ungefähr nach 30 Min. von dem Polizei-Major Howarth und seinem Korporal Rainerts, beide offenbar Juden“, aber sehr nett und gefällig, mit bereitgehaltenem Revolver in die Arrestzelle abgeführt zu werden. [...] Nachmittags bei herrlichem Wetter findet ein starker Flugbetrieb vom Fliegerhorst aus statt. Die bisherigen englischen und amerikanischen Kriegsgefangenen werden mit Flugzeug in die Heimat verbracht. Dabei verunglücken 3 Maschinen infolge der Schlaglöcher des letzten Luftangriffes und es werden daher am Tag darauf 150 Leute aufgeboten, die diese Schlaglöcher beseitigen sollten. Gegen 100 Leute konnten auch hiezu abgeordnet werden.“

Anordnung des Chefs der Militärregierung Major Eugene P. Walters an den Memminger Bürgermeister, 7. Mai 1945: "The flags must be kept unfurled from around the poles an kept hanging neatly at all times. / Es ist darauf zu sehen, daß die Flaggen sich nicht um die Fahnenstangen wickeln und jederzeit schön herunterhängen." (CE)

Anordnung der Militärregierung (übersetzt von Hans Rommel) vom 7. Mai 1945: "1. In den Hauptstrassen durch Memmingen zeigen sich viele Schlaglöcher. Diese sind sofort zu reparieren. Falls das notwendige Material zur Reparatur nicht zur Verfügung steht, sind die Löcher mit zerkleinertem Steinmaterial aufzufüllen, bis Asphalt erhältlich ist. Dies ist sofort durchzuführen. 2. Unrat und Schmutz wurde auch in diesen Strassen festgestellt. Dies ist sofort zu entfernen. 3. Die Hauptstrassen lt. Anlage [Anmerkung Rommel: Lt. Wolters nicht beiliegend] müssen in gutem Reparaturzustand gehalten werden und von allem Wagenverkehr frei bleiben sofern es sich nicht um Zufahrt zu einer Wohnung oder Geschäftshaus handelt, die von der nächsten Querstrasse anzufahren sind."

Aus dem Tagebuch des Gymnasiallehrers Hans Weis zum 7. Mai 1945: „Gleich nach dem Essen in den zerhackten Güterbahnhof […]. Es ist nicht leicht um die Trichter herum zu fahren. Der erste Trichter am Freudental wie alle mit Wasser gefüllt. […] Es schwimmen Kanonenbüchsen, Papier, Gebrauchsanweisungen, ein Tennisschläger darin herum. Jeder Trichter hat sein besonderes Geschmäckle, sein eigenes Gesicht, z.B. der am Gaskessel ist mit Tausenden von Feldpostbriefen gefüllt. Verbrannt, verdreckt. Ein Mann und Bub machen die Briefe auf. Sie haben schon Fleischmarken und 120 Kronen gefunden. Ich nehme auch ein paar mit. […] Länger mag ich nicht drin herumstochern, obwohl es interessant und vielleicht auch lukrativ wäre. […] Immer wieder verwickelt man sich in Telephondrähten, Ästen, Wurzeln, Blechfetzen. Entwurzelte Bäume liegen herum, verkohlte Balken. […] Wir holen aus den Trümmern und Trichtern was wir finden. […] Dreimal bleibe ich mit meinem schweren Wagen stecken. Einmal hilft mir ein Franzose aus dem Dreck, einmal ein Italiener. Merci Monsieur. Grazie arrivederci. Internationales Hilfskomité, auch Anfang zur Völkerverständigung. […] An den beiden grauen Trichtern im Wäldele vorbei. Die sollte man eigentlich erhalten, zur Erinnerung an die große Zeit und zur Abschreckung kommender Schlachten. Umgekehrte Hallstadthügel. Immer wieder ziehen niedrig und langsam plumpe Transportflugzeuge dahin und holen vom Flugplatz Gefangene zurück. Andere Gefangene ziehen mit Mädels glücklich und lachend herum. […] Daheim noch eine Arbeit. Bettabbrechen und neu aufschlagen. Todmüde. Im Schweizer Radio die beglückende und erschütternde Meldung, daß WAFFENRUHE am 7. Mai auf allen Fronten eingetreten sei. Das hätte man billiger haben können, wenn Hitler den Krieg gar nicht angefangen hätte. BELLO FINITO PAX FACTA. IUBILA ET LACRIMA.“

Der Marktbetrieb am Memminger Schlachthof beginnt mit dem Auftrieb von 64 Stück Großvieh, 129 Kälbern und 2 Schweinen; aus den Beständen des Fliegerhorstes werden 100 Zentner Kohlen für den Schlachthofbetrieb bereitgestellt. Bürgermeister Dr. Heinrich Berndl beantragt für die Stadtsparkasse Memmingen, "ihre aus Luftschutzgründen an die Stadtgrenze verlagerten Konto-Auszüge u.s.w. samt Mobiliar wieder zurückverbringen zu dürfen (Entfernung von der Stadtgrenze rund 600 m / Gemeinde Buxach)." Gegen 15:00 Uhr wird der Waffenstillstand verkündet. Es wird bestimmt, dass sich westliche Ausländer beim Roten Ochsen, Ostarbeiter zum Goldenen Roß melden mussten. (CE)

Bürgermeister Dr. Heinrich Berndl in seinen Aufzeichnungen zum 8. Mai 1945: "Um 15 Uhr wird im europäischen Rundfunk die Beendigung des Krieges durch 4 Ansprachen der Feindmächte bekanntgegeben. Wir selbst sind hier so gedrückt, daß wir von dieser Tatsache keine Kenntnis nehmen. Rollen doch gleichzeitig viele Lastautos mit deutschen Soldaten gefüllt die Ulmerstraße hinaus in Gefangenschaft. Ob und bis wann wir sie wieder in der Heimat sehen, wird das Schicksal uns erst zeigen. Bei unvergleichlich herrlichem Wetter rollen sie auf den staubigen Straßen einer ungewissen Zukunft entgegen. Zu gleicher Zeit fliegen, wie schon tags zuvor, deutsche Maschinen, besetzt mit den gefangen gewesenen Engländern und Amerikanern, der westlichen Heimat zu. Sie heben sich stolz vom klaren, blauen Himmel ab. Welch ein Unterschied in dem nun zuteil gewordenen Schicksal der Völker!"

Aus der Sondermeldung des Oberkommandos der Wehrmacht vom 8. Mai 1945: "Am 9. Mai 1945 0:00 Uhr sind auf allen Kriegsschauplätzen von allen Wehrmachtsteilen und von allen bewaffneten Organisationen oder Einzelpersonen die Feindseligkeiten gegen alle bisherigen Gegner einzustellen. Jede Zerstörung oder Beschädigung von Waffen und Munition, Flugzeugen, Ausrüstung, Gerät jeder Art sowie jede Beschädigung oder Versenkung von Schiffen widerspricht den vom Oberkommando der Wehrmacht angenommenen und unterzeichneten Bedingungen und ist im Gesamtinteresse des deutschen Volkes mit allen Mitteln zu verhindern."

Aus einem Bericht von Bürgermeister Georg Fey (kommissarischer Bürgermeister nach der Verhaftung Dr. Heinrich Berndls am 14. Mai) betreffend Einwohner- und Ausländer, Wohnungsmarkt und Gebäudeschäden in Memmingen, 3. Juni 1945: „Das berichtigte Volkszählungsergebnis der Stadtgemeinde Memmingen betrug am 17. Mai 1939 4680 Haushaltungen, 16297 Ständige Bevölkerung. [...] Ausländer: In Privatwohnungen untergebracht waren am 1. Januar 1945 632 Ausländer, am 31. Mai waren es 875 Ausländer, Zugang: 243 Ausländer. Der Zugang rührt her von ca. 50 Polen, Litauer, Letten und Russen, die sich nach dem am 26. April 1945 ohne Genehmigung des Wohnungsamtes in Privatwohnungen eingenistet haben. Ca. 100 Ausländer dürften sich nach dem 26. April 1945 aus Lagern in Privatwohnungen umquartiert haben. Ausdrücklich wird bemerkt, daß sich in den Ausländerzahlen nicht die in Lagern (kaserniert) untergebrachten Ausländer befinden. Die zuletzt nach dem Stande vom 1. März 1945 ermittelte Zahl der in Lagern und Sammelunterkünften untergebrachten Ausländer betrug 714. Im Wohnungsamt Memmingen suchten rund 300 Familien mit ca. 1000 Angehörigen eine Wohnung (281 Memminger Familien, 4 KZ Familien und 10 Litauer und Letten). Die ungünstige Lage auf dem Wohnungsmarkt rührt daher, daß seit geraumer Zeit aus dem Norden, Nordwesten und in den letzten Monaten auch aus dem Westen (Rheinland, Württemberg, Berlin, Oberschlesien usw.) eine große Anzahl von Flüchtlingen und Lazarettinsassen nach Memmingen übersiedelte. Nach sorgfältiger Schätzung wird die Zahl der evakuierten Deutschen und Flüchtlinge mit 1900 bezifferte. [...]“

Darstellungen und Aufsätze zur Geschichte Memmingens (Auswahl)

Die vorstehenden Texte basieren auf diversen Quellen im Stadtarchiv Memmigen (u.a. Fotosammlung Willy Hetzel, Fotoalben Stalag VIIB, Allgäuer Beobachter, Dokumentation von Dr. Heinrich Berndl, Schriftwechsel zwischen Stadtverwaltung und US-Militärregierung) sowie auf folgenden Forschungen:

  • Hoser, Paul: Die Geschichte der Stadt Memmingen. Vom Neubeginn im Königreich Bayern bis 1945, hg. von Hans-Wolfgang Bayer in Verb. mit Uli Braun, Stuttgart 2001
  • Claudia Roth: Parteikreis und Kreisleiter der NSDAP unter besonderer Berücksichtigung Bayerns (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte Bd. 107), München 1997 (Kapitel X.2, S. 354-375: Der Organisator einer Region: Der Memminger Kreisleiter Wilhelm Schwarz)
  • „Ewige Namen gebe ich ihnen ...“ Gedenkheft für die jüdischen Frauen, Männer und Kinder aus Memmingen, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, verschleppt und ermordet wurden (Materialien zur Memminger Stadtgeschichte Reihe B, Heft 13), Memmingen 2013
  • Hoser, Paul: Die Entnazifizierung der Memminger Industrieunternehmerschaft, in: Hoser, Paul und Reinhard Baumann (Hg.): Kriegsende und Neubeginn. Die Besatzungszeit im schwäbisch-alemannischen Raum (Forum Suevicum. Beiträge zur Geschichte Ostschwabens und der benachbarten Regionen, hg. von Rolf Kießling im Auftrag des Memminger Forums für schwäbische Regionalgeschichte, Bd. 5), Konstanz 2003, S. 189-258
  • Hoser, Paul: Spielraum und Grenzen nationalsozialistischer Parteiherrschaft am Beispiel Memmingens, in: Wirsching, Andreas (Hg.): Nationalsozialismus in Bayerisch-Schwaben. Herrschaft - Verwaltung - Kultur (Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte Bayerisch-Schwabens Bd. 9), Ostfildern 2004, S. 185-230
  • Hoser, Paul: Die Entnazifizierung von Richtern und Staatsanwälten in Bayerisch-Schwaben, in: Weber, Wolfgang (Hg.): Regionalgeschichten - Nationalgeschichten. Festschrift für Gerhard Wanner zum 65. Geburtstag (Schriftenreihe der Rheticus-Gesellschaft 44), Feldkirch 2004, S. 159-199
  • Schmid, Anny: Die Bombenangriffe auf Memmingen in den Jahren 1944/45, in: Memminger Geschichtsblätter 1979, S. 5-8
  • Schmid, Anny: Memmingen in den Jahren 1944 und 1945. Eine Dokumentation, in: Memminger Geschichtsblätter 1989/90, S. 7-155
  • Guschewski, Heribert: Der 18. Juli 1944 - ein Kriegstag im Allgäu, in: Memminger Geschichtsblätter 2015/2016, S. 277-364
  • Dierich, Wolfgang: Kampfgeschwader 51 „Edelweiß“. Eine Chronik aus Dokumenten und Berichten 1937-1945, gewidmet dem Jagdbombergeschwader 34 in Memmingerberg/Allgäu, Stuttgart 1991
  • Fassl, Peter (Hg.): Das Kriegsende in Schwaben 1945. Katalog zur Wanderausstellung der Heimatpflege des Bezirks Schwaben. Mit einer Auswahlbibliographie von Agnes Blasczyk, Augsburg 2005
  • Vogel, Rudolf: Das Kriegsende im Ober- und Ostallgäu, in Mindelheim und Memmingen, in: Fassl, Peter (Hg.): Das Kriegsende in Bayerisch-Schwaben 1945. Wissenschaftliche Tagung der Heimatpflege des Bezirks Schwaben in Zusammenarbeit mit der Schwabenakademie Irsee, Augsburg 2006, S. 229-241
  • Nichols, Lester M.: Impact. The Battle Story of the Tenth Armored Division, Bradbury 1954
  • Roth, Peter: Das Kriegsende in Aitrach, 2015
  • Willbold, Hans: Der Luftkrieg zwischen Donau und Bodensee. Vorbereitungen, Flugplätze und deren Belegungen, Luftangriffe, Abstürze, (Landkreis Biberach – Geschichte und Kultur, Bd. 6), Bad Buchau 2006
  • Grüner, Stefan: Ökonomischer Strukturwandel und Industriepolitik in der Region: Bayerisch-Schwaben zwischen Rüstungsboom und Wiederaufbau (1933-1950), in: Hoser, Paul und Reinhard Baumann (Hg.): Kriegsende und Neubeginn. Die Besatzungszeit im schwäbisch-alemannischen Raum (Forum Suevicum. Beiträge zur Geschichte Ostschwabens und der benachbarten Regionen, hg. von Rolf Kießling im Auftrag des Memminger Forums für schwäbische Regionalgeschichte, Bd. 5), Konstanz 2003, S. 419-461