Stadt Memmingen:Memminger (Ober-)Bürgermeister seit dem 15./16. Jahrhundert

Memminger (Ober-)Bürgermeister seit dem 15./16. Jahrhundert

Der Zunftbrief von 1347 stellt eine der wichtigsten Wendemarken der Memminger Stadtgeschichte dar. Mit dieser Urkunde wurde eine Emanzipation der Bürgerschaft von ihrem Stadtherrn, dem Kaiser, offenbar. Fortan regierten Bürgermeister, Amman und Rat (in dieser Reihenfolge) die Stadt. Zwölf Zunftmeister wählten fortan zusammen mit weiteren Vertretern („Gemeinde“) einen Bürgermeister zum Vorsitzenden des Rates. Der einstige Vertreter des Königs in der Stadt, der Stadtamman verlor an Kompetenzen, blieb aber Träger des Blutbannes und Vorsitzender des Stadtgerichtes.

Memminger Ämterlisten sind erst ab 1446 erhalten. Deshalb sind Namen von Bürgermeistern erst seit der Mitte des 15. Jahrhunderts (nahezu vollständig) überliefert. Wahlverfahren und Kompetenzen wandelten sich im Lauf der Jahrhunderte erheblich – vom Bürgermeister der Reichsstadt über den Bürgermeister einer kreisunmittelbaren Stadt (im Königreich Bayern) bis zum Oberbürgermeister der kreisfreien Stadt (im Freistaat Bayern).

Bis zum Ende der Reichsstadt wurden die Bürgermeister jährlich am Schwörtag zusammen mit den Mitgliedern der verschiedenen Gremien und den bestellten Amtspersonen auf ihren Dienst eingeschworen. Von 1552 bis 1803 waren gleichzeitig drei Bürgermeister im Dienst, die sich im Amt abwechselten. Ab 1818 versahen die Bürgermeister (bis 1918 gewählt vom Stadtmagistrat) ihren Dienst als Kommunalbeamte im Königreich bzw. Freistaat Bayern. Direktwahlen des 1. Bürgermeisters durch Bürgerinnen und Bürger finden erst seit 1952 statt.

Bürgermeister im Zeitalter der Zunftherrschaft 1347-1552

Hans Vöhlin der Ältere (1442, 1446, 1451, 1457)

Hans Vöhlin (der Ältere) gilt als Begründer der Handelsgesellschaft der Vöhlin, die überregional zunächst Handel mit Salz und Wein, schließlich mit Baumwolle, Barchent und Pfeffer betrieb. Vöhlin war mehrfach, Rat, Amman, Gehei

mer Rat und Richter. 1442, 1446, 1451 und 1457 wurde er zum Bürgermeister gewählt. 1463 ist Hans Vöhlin in Memmingen verstorben.

Literatur: Eirich, Raimund: Die Vöhlin in Memmingen und ihre Handelsgesellschaft, in: Memminger Geschichtsblätter 2009, S. 7-172

Eberhard Zangmeister (1527, 1529, 1531, 1533, 1535)

Der 1476 geborene Kramer Eberhard Zangmeister war ab 1516 Spitalpfleger sowie mehrfach Ratgeber, Zunftmeister, Mitglied des Stadtgerichts und Geheimer Rat. Er war Leiter der Handelsgesellschaft seines Onkels Mang Zangmeister, gelangte zu großem Reichtum und war 1521 größter Steuerzahler. In den Ämterlisten ist er für die Jahre 1527, 1529, 1531, 1533 und 1535 als Bürgermeister eingetragen. Eberhard gilt als einer der führenden Persönlichkeiten einer zwinglianisch geprägten Reformation in Memmingen. 1539 ist er in seiner Geburtsstadt Memmingen verstorben.

Literatur: Westermann, Askan: Eberhart Zangmeister. Ein Lebensbild aus der Memminger Reformationszeit, Memmingen 1932; Frieß, Peer: Die Außenpolitik der Reichsstadt Memmingen in der Reformationszeit (1517-1555) (Memminger Forschungen 4), Memmingen 1993

Bürgermeister nach dem Ende der Zunftherrschaft 1552

Lutz von Freyburg (1598-1604)

Von 1558 bis 1578 war Lutz von Freyburg (der Ältere) Bürgermeister der Reichsstadt. Sein gleichnamiger 1545 geborener Sohn wurde nach dem Tod des Vaters 1578 Rat, schließlich 1598 Bürgermeister. In seiner Amtszeit gelang es ihm mit Hilfe einer neuen Pfleg- und Tragschaftsordnung einen der größten Korruptionsskandale zu bewältigen. 1610 ist Lutz von Freyburg (der Jüngere) in Memmingen verstorben.

Literatur: Kintner, Philip L.: Zwei Persönlichkeiten auf der Suche nach einer Geschichte. Der „Keller-Skandal“ in Memmingen 1598-1605, in: Memminger Geschichtsblätter 2002/03, S. 3 ff.

David Engler (1633-1645)

Der 1576 geborene Sohn des Spitalpflegers David Engler wurde schon früh in Aufgaben der reichsstädtischen Bürokratie eingearbeitet – auch durch Aufenthalte in Italien, Österreich und in den Niederlanden. 1633 wurde der langjährige Kirchenpfleger zu St. Martin in den Rat, drei Jahre später zum Bürgermeister gewählt. In den erbärmlichen Jahren des Dreißigjährigen Krieges vertrat er seine Heimatstadt mit großer Treue und Beharrlichkeit auf vielen Reichs- und Kreistagen. 1645 ist er einer Erkältung im Alter von fast 69 Jahren erlegen.

Literatur: Engelhard, Christoph: Der Bürgermeister David Engler (1576-1645), in: Memmingen im Dreißigjährigen Krieg. Leben – Stadt – Krieg. Streiflichter 1618-1648 (Memminger Geschichtsblätter 2021), Memmingen 2021, S. 187-190

Johann Sigmund von Hartlieb gen. Walsporn (1716-1755)

Aus patrizischem Haus stammte Johann Sigmund von Hartlieb gen. Walsporn (1667-1755). 1692 begann seine Laufbahn in verschiedenen reichsstädtischen Gremien, zunächst im Stadtgericht, dann im Rat und darüberhinaus in einigen Stiftungspflegen. 1704 wurde er Stadtamman, schließlich 1716 Bürgermeister – ein Amt, das er bis seinem Tod 1755 innehatte.

Literatur: Hartliebsches Ehren-Denkmahl, Festschrift zum 50-jährige Amtsjubiläum des Bürgermeisters Johann Sigmund Hartlieb gen. Walsporn, Memmingen 1742

Liste der Bürgermeister 1553-1804

1553-1571      Stoffel Zwicker
1553-1558      Hans Hartlieb gen. Walsporn
1554-1559      Hans Keller (der Jüngere)
1559-1577      Lutz von Freyburg (der Ältere)
1572-1584      Melchior Stebenhaber
1575-1597      Raphael Sättelin
1578-1599      Hans Keller (der Jüngste)
1585-1601      Paulus Keller
1598-1604      Lutz von Freyburg (der Jüngere)
1600-1623      Jörg Ehinger
1602-1613      Adam Hartlieb gen. Walsporn
1605-1622      Samuel Jenisch
1614-1636      Tobias Heinzel
1623-1633      Hans Lutz von Freyburg
1624-1627      Gordian Sättelin
1628-1634      Hans Ludwig Stebenhaber
1634-1657      Hans Jacob Jung
1635-1645      David Engler
1637-1654      Hans Koch (der Ältere)
1645-1687      Eitel Sigmund von Lupin
1654-1663      Jakob Wachter
1657-1658      Elias Ephraim Engler
1664-1665      Ephraim. Hainzel
1664-1670      Caspar Koch
1665-1683      Hans Mattheus Hartlieb
1670-1682      Hans Jakob Koch
1682-1703      Gabriel Wachter
1683-1701      Melchior Eglof Stebenhaber
1687-1704      Caspar Koch
1701-1716      Georg Wilhelm Zoller
1704-1709      Johann Jakob Stoll
1704-1724      Carl Albert Sayler
1709-1723      Johann Ulrich von Zoller
1716-1755      Johann Sigmund von Harlieb gen. Walsporn
1723-1739      Johann Georg von Lupin
1724-1732      Johannes Schütz
1732-1748      Tobias Hermann von Hermannsburg
1739-1740      Johann Jakob Grimmel
1740-1754      Gabriel von Wachter
1748-1759      Johann Friedrich von Stoll
1754-1766      Johann Paul von Zoller
1755-1778      David von Wachter
1759-1770      Georg Onophrius von Stebenhaber
1766-1768      Johannes von Schütz
1768-1770      Anton von Schermar
1770-1775      Carl Ludwig von Wachter
1771-1785      Jacob Friedrich von Stoll
1775-1790      Johann Jacob von Zoller
1778-1802      Melchior Eglof Sayler von Pfersheim
1785-1800      Ulrich Benedikt von Zoller
1790-1804      Georg von Unold auf Grünenfurt
1800-1802      Tobias von Heuß auf Trunkelsberg
1802-1804      Johannes Hartlieb gen. Walsporn
1802-1804      Johann Sigmund von Wachter

Bürgermeister im Königreich und Freistaat Bayern

Tobias von Wachter (1818-1842)

Nach seinem Jurastudium kehrte Tobias von Wachter (1775-1839) in seine Geburtsstadt zurück, um hier als Gerichtsassessor und Rat der Reichsstadt zu wirken, die 1802 ans Kurfürstentum Bayern fiel. Von 1818 bis 1836 war er Memminger Bürgermeister, ab 1819 Mitglied der Ständeversammlung in München.

Literatur: Hoser, Paul: Die Geschichte der Stadt Memmingen. Vom Neubeginn im Königreich Bayern bis 1945, hg. von Hans-Wolfgang Bayer in Verb. mit Uli Braun, Stuttgart 2001

Julius von Roeck (1865-1884)

Der 1818 in Rot an der Rot geborene Kaufmann Julius Roeck war zusammen mit Philipp Huetlin Inhaber einer Wollspinnerei und Kunstmühle an der Donaustraße. Sein politisches Engagement begann 1848 mit der Wahl in den Bayerischen Landtag und seiner Mitgliedschaft im Eisenbahn-Komitee. In der Kommunalpolitik war er ab 1854 aktiv - zunächst als Vorstand der Gemeindebevollmächtigten, ab 1865 als Bürgermeister. Aufgrund seiner großen Verdienste erhielt er 1871 den persönlichen Adel; 1884 ist Julius von Roeck an Herzversagen gestorben.

Literatur: Koepff, Christa / Bachmayer, Werner / Berg, Claudia: Memmingens Alter Friedhof (Memminger Geschichtsblätter 2010/2011), S. 198-200

(Ober-)Bürgermeister der Stadt Memmingen seit 1804

1818-1836      Tobias von Wachter
1836-1842      Johann Jakob von Wachter
1842-1855      Adolf von Schelhorn
1855-1865      Ulrich Benedikt von Zoller
1865-1884      Julius von Roeck
1884-1910      Hofrat Karl Scherer
1910-1931      Fritz Braun
1932-1945      Dr. Heinrich Berndl
1945-1948      Georg Fey
1948-1952      Lorenz Riedmiller
1952-1966      Dr. Heinrich Berndl
1966-1968      Rudolf Machnig
1968-1980      Dr. Johannes Bauer
1980-2016      Dr. Ivo Holzinger
2016               Markus Kennerknecht
2017-2023      Manfred Schilder
seit 2023        Jan Rothenbacher