Stadt Memmingen:Funde im Kreuzherrnkloster

Funde aus dem Kreuzherrenkloster

Papst Innozenz III. bestätigte 1198 die Hospitalbruderschaft vom Heiligen Geist bzw. deren Kranken-/Armenspital in Montpellier. 1202 erhielten die später wegen Ihres Ordenszeichen sogenannten "Kreuzherren" die römische Kirche St. Maria in Saxia/Sassia, wo sie ein Spital errichteten, das mit dem von Montpellier vereinigt wurde. Nach dem Tod des Ordensgründers Guido von Montpellier 1208 verlegte Innozenz III die Ordensleitung ganz nach S. Spiritu in Sassia. Dem römischen Haupthaus unterstanden forthin alle Niederlassungen (im 15. Jh. ca. 750 v. a. in Frankreich und Italien). Die Regeln des Ordens orientierten sich an denen des Hl. Augustinus (Augustiner-Chorherren). Nach den Verlusten der Säkularisation wurde der Orden schließlich am 1. Juli 1847 aufgelöst.

Ein Sprößlich aus dem staufischem Königshaus, Heinrich von Neuffen, gründete zu Beginn des 13. Jahrhunderts im Bereich des Memminger Stadtgrabens östlich der staufischen Kernstadt ein Spital, stattete es mit Grundbesitz aus und übergab es dem Hospitalorden vom Heiligen Geist. Für die Stadtgeschichte besonders bedeutsam wurde die 1346 durch Bischof Heinrich von Augsburg vollzogene Inkorporation der Pfarrkirche Unser Frauen (ab 1559 Simultaneum). Vergleichbar der Entwicklung in anderen Städten, gelang es 1317/65 der Reichsstadt Memmingen, den Spitalmeister aus der Verwaltung des Spitals zu drängen und den Klosterkomplex zu teilen: zum "Unterhospital" (Spital) gehörte fortan (neben den meisten Ökonomiegebäuden) v.a. die sog. Dürftigenstube im Erdgeschoß des Klosterbaues sowie Erdgeschoß und Keller des südlich anschließenden Konventbau. Dem "Oberhospital" (Kloster) verblieben die Kirche, die oberen Geschosse des Kloster- und Konventbaues, der Turmflügel sowie alle bis dahin erworbenen Patronatsrechte. Zudem stand den Chorherren auch weiterhin die seelsorgerische Betreuung der Spitalangehörigen zu. Wesentliche baulichen Änderungen nach dem Teilungsvertrag 1365 betrafen Kirche (1480ff., barockisiert 1709), Turm (1489, umgestaltet 1617), Kloster- und Konventgebäude (1675-1680 erweitert/aufgestockt) und den "Neubau" (1602, vergrößert 1675/92). Die gotische Dürftigenstube blieb dagegen weitgehend unverändert.

Mit der Säkularisation durch das Kurfürstentum Bayern verließen die Ordensbrüder das Kloster. Die Mobilien wurden verkauft. Während im Spital noch bis 1814/16 Pfründner lebten, wurde die Kirche ab 1806/07 zum Holzlagerhaus und Rentamtsgebäude umgewandelt. Archivalien und Bücherwurden - sofern sie nicht in staatlichen Gewahrsam gelangten, ins Dachgeschoß der Kirche verlegt. Nach dem Abbruch des sog. Neubaues wurden Kirche und Dürftigenstube 1822-24 für Zwecke des kgl. Hallamtes (später Hauptzollamt) zu Lagerhallen umgewandelt und die Nordwand mit einer klassizistischen Fassade versehen. Bei der Säuberung der Gewölbetrichter über dem Kirchenschiff konnten vor einigen Monaten zahlreiche Fundstücke sichergestellt werden, darunter Fragmente religiöser oder liturgischer Bücher sowie Korrespondenzen des Kreuzherrenklosters. Nicht-klösterlicher Provenienz sind einige Papiere und Drucke (v.a. Bayreuther Inhalts), die aus dem Besitz des Appellations-gerichtspräsidenten Karl Friedrich Wilhelm Frhr. von Völderndorff, der vor 1810 Jurist im preuß. Fürstentum Bayreuth war und in den Jahren bis 1817 in den ehem. Spitalmeisterräumen im 1. OG des Klosterbaues wohnte.